Kurdische Parteien: Dieser Krieg ist gegen unser Volk

Unter dem Dach des Nationalkongress Kurdistan haben diverse politische Parteien und zivilgesellschaftliche Organisationen aus dem kurdischen Spektrum angesichts des neuerlichen Expansionskrieges der Türkei über eine „gemeinsame Haltung“ beraten.

Auf Einladung des Nationalkongress Kurdistan (KNK) sind Vertreterinnen und Vertreter diverser Parteien und zivilgesellschaftlicher Organisationen aus dem kurdischen Spektrum am Wochenende in Brüssel zusammengetroffen, um unter dem Eindruck des türkischen Vernichtungsfeldzugs in Kurdistan über die derzeitige politische Lage zu beraten. „Mit dem neuerlichen Völkerrechtsbruch der Türkei im südlichen Teil Kurdistans ist die Stärkung der innerkurdischen Einheit zu einem existentiellen Thema auf der Agenda unserer politischen Kräfte geworden“, erklärte Ahmet Karamus, Ko-Vorsitzender des KNK, zu den Hintergründen des Treffens. Unterschiedliche Interessen müssten ein für alle Mal beiseitegelegt werden. „Wichtig ist jetzt die Entwicklung einer gemeinsamen Haltung. Nur so können wir verhindern, dass die kurdischen Errungenschaften vernichtet werden“, so Karamus.

Nilüfer Koç vom Exekutivrat des KNK wies auf die neuen globalen Großmachtspiele hin und betonte, dass die Besatzungsangriffe der Türkei innerhalb der gegenwärtigen geopolitischen Machtverhältnisse bewertet werden sollten. „Mit dem russischen Angriff auf die Ukraine besinnt sich der türkische Staat derzeit wieder auf seine Verankerung im Westen. Daher muss Ankara bei seinem neuerlichen Expansionskrieg in Südkurdistan kaum Kritik fürchten, da der türkische Staat im Windschatten der Invasion in der Ukraine noch vom Westen gebraucht wird“, sagte Koç.


PDK als einzige Partei nicht vertreten

An der Diskussion beteiligten sich zahlreiche Parteien und Organisationen aus allen Teilen Kurdistans, darunter die YNK (Patriotische Union Kurdistans) und die Gorran-Bewegung aus dem Süden, die PJAK (Partei für ein freies Leben in Kurdistan) aus dem Osten, der Volkskongress Kongra-Gel, ezidische Gruppen, die kurdische Frauenbewegung und die Vertretung der alevitischen Gemeinschaft in Zentralanatolien. Lediglich die PDK (Demokratische Partei Kurdistans), die sich an dem am 17. April eingeleiteten Krieg in Südkurdistan beteiligt, ist trotz Einladung nicht erschienen. Ihre Schwesterpartei aus Syrien (PDK-S) hingegen war anwesend.

Kartal: Der Westen ist Akteur dieses Krieges

„Die PDK, die von der Familie Barzanî dominiert wird, kooperiert mit dem türkischen Staat“, sagte der kurdische Politiker und Ko-Vorsitzende des Kongra-Gel, Remzi Kartal. Diese Kollaboration halte trotz eines „totalen Vernichtungsfeldzuges“ der Führung in Ankara gegen die kurdische Gesellschaft an. „In ihrem Streben nach Hegemonie statt anspruchsvoller Regierung und Repräsentation verschließt die PDK ihre Augen vor dem Genozid an den Kurdinnen und Kurden.“ Auch die internationale Gemeinschaft bleibt trotz Angriffskrieg und dem Einsatz chemischer Waffen stumm, führte Kartal weiter aus. „Damit macht sich der Westen nicht nur mitverantwortlich für den türkischen Vernichtungskrieg gegen unser Volk, er ist auch Akteur. Um dieses kollektive Schweigen zu brechen, muss die Stimme der Kurdinnen und Kurden noch lauter werden. Wir müssen unseren Widerstand stärken. Dies funktioniert aber nur, wenn sich alle kurdischen Bewegungen vereinen.“

Deklaration angekündigt

In den nächsten Tagen soll eine Deklaration zur gemeinsamen Haltung der kurdischen Kräfte gegen die Angriffe der Türkei in Kurdistan vorgelegt werden, kündigte Ahmet Karamus an. Diese Roadmap könnte einen stabilen Rahmen für die Überwindung innerkurdischer Konflikte darstellen.