Kulturmäzen Osman Kavala bleibt im Gefängnis

Im Prozess gegen den renommierten Kulturmäzen und Bürgerrechtler Osman Kavala hat das Gericht den Antrag auf Haftentlassung abgelehnt. Das Verfahren wegen der Gezi-Proteste geht am 18. Juli weiter.

Der renommierte Kulturmäzen und Bürgerrechtler Osman Kavala bleibt trotz internationaler Kritik in Haft. Das Gericht am Hochsicherheitsgefängnis Silivri westlich von Istanbul, vor dem seit Montag gegen Kavala und 15 Mitangeklagte verhandelt wird, lehnte einen Antrag auf Entlassung ab.

Der Kulturstifter Osman Kavala sitzt seit mehr als eineinhalb Jahren in Untersuchungshaft. Er wurde im Oktober 2017 in Istanbul festgenommen. Zuvor hatte er noch in Dîlok (Antep) an einem Projekttreffen des Goethe-Instituts teilgenommen. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm und den weiteren 15 Angeklagten unter anderem „einen Versuch zum Sturz der Regierung“ und die Finanzierung der regierungskritischen Gezi-Proteste vom Sommer 2013 vor. Ihnen droht eine lebenslange Haftstrafe.

Die Vorwürfe gegen Osman Kavala waren lange nicht bekannt, da das Verfahren als Verschlusssache galt. Die 657 Seiten umfassende Anklageschrift hatte die Staatsanwaltschaft erst Ende Februar vorgelegt. Kurz nach der Festnahme Kavals nannte ihn Staatspräsident Erdoğan abfällig den „türkischen Soros“ in Anspielung auf den US-amerikanischen Kulturstifter George Soros. In einer Rede im vergangenen November warf er Kavala einen Versuch der „Spaltung der Nation“ vor. Hinter ihm stehe „der berühmte ungarische Jude Soros. Dies ist der Mann, der Leute um die Welt schickt, um Nationen zu spalten“, sagte Erdoğan. Soros beendete daraufhin die Arbeit seiner Stiftung in der Türkei.

Kavala: „Ein spekulatives Fantasiegebilde“

Beim Prozessauftakt erklärte Kavala, die Anschuldigungen, wegen denen er seit zwanzig Monaten im Gefängnis ist, entbehrten jeglicher Grundlage und Logik. Die Anklageschrift basiere auf unbewiesenen Mutmaßungen. „Mit verdrehten Tatsachen ist ein spekulatives Fantasiegebilde entworfen worden“, so Kavala.

„Ich habe mich bemüht, Projekte zu unterstützen, die dem Frieden, dem Dialog und der Versöhnung der gesellschaftlichen Gruppen untereinander dienen“, betonte Kavala und forderte seine Freilassung: „Ich erkläre hiermit, dass zwischen mir und Hunderttausenden Personen, die sich bei den Gezi-Vorfällen friedlich betätigt haben, kein Unterschied besteht. Ich fordere einen Freispruch und meine Freilassung.“

International umstrittener Prozess

Unterdessen kommt der ebenfalls angeklagte Aktivist Yiğit Aksakoğlu nach rund sieben Monaten aus der U-Haft frei, darf das Land aber nicht verlassen. Er wurde unter Meldeauflagen auf freien Fuß gesetzt.

Weitere Angeklagte im international umstrittenen Gezi-Prozess sind unter anderem der ehemalige Chefredakteur der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“, Can Dündar, die Generalsekretärin der türkischen Architektenkammer, Mücella Yapıcı, der Schauspieler Memet Ali Alabora und weitere prominente Mitglieder der Zivilgesellschaft. Gegen sechs der Beschuldigten, darunter Dündar, der im Exil in Deutschland lebt und Alabora, der sich ebenfalls im Ausland aufhält, wurde ein Haftbefehl ausgestellt. Nach der Freilassung von Aksakoğlu ist Kavala der einzige Angeklagte in Haft.

Gezi-Proteste

Die Gezi-Proteste begannen im Mai 2013 gegen ein geplantes Bauprojekt auf dem Gelände des Gezi-Parks, der unmittelbar an den Taksim-Platz angrenzt. Die lokalen Proteste weiteten sich schnell zu einer landesweiten Widerstandsbewegung gegen die autoritäre Politik des damaligen Ministerpräsidenten und heutigen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan aus, nachdem die Polizei hart gegen die Bürgerinitiative und solidarische Umweltaktivist*innen vorgegangen war. Schließlich wurde die Bewegung blutig niedergeschlagen – elf Menschen starben, Tausende weitere wurden verletzt. Die Angeklagten sollen nun stellvertretend für die Protestbewegung lebenslänglich ins Gefängnis. 

Der erste Politiker aus der türkischen Nationalversammlung, der sich seit Beginn an den Gezi-Protesten beteiligte, war der ehemalige HDP-Anbgeordnete Sırrı Süreyya Önder. Auch er sitzt mittlerweile in einem Gefängnis.