Gezi-Prozess: „Ein spekulatives Fantasiegebilde“

Im Prozess gegen 16 Aktivistinnen und Aktivisten der Gezi-Proteste in Istanbul hat der Kulturmäzen Osman Kavala die Anklageschrift als „spekulatives Fantasiegebilde“ bezeichnet. Den Angeklagten wird ein Umsturzversuch der Erdoğan-Regierung vorgeworfen.

Im Gefängniskomplex Silivri findet heute der Prozess gegen 16 Aktivistinnen und Aktivisten des Gezi-Aufstands von 2013 statt. Den Angeklagten, darunter der Kulturmäzen Osman Kavala und der Journalist Can Dündar, wird ein Umsturzversuch vorgeworfen. Osman Kavala ist seit November 2017 in Haft, Yiğit Aksakoğlu seit November 2018. Sechs weitere Angeklagte, unter anderem Can Dündar und der Schauspieler Memet Ali Alabora, konnten sich nur durch die Flucht ins Ausland einer Inhaftierung entziehen.

In der heutigen Verhandlung erklärte Kavala, die Anschuldigungen, wegen denen er seit zwanzig Monaten im Gefängnis ist, entbehrten jeglicher Grundlage und Logik. Die Anklageschrift basiere auf unbewiesenen Mutmaßungen. „Mit verdrehten Tatsachen ist ein spekulatives Fantasiegebilde entworfen worden“, so Kavala.

„Ich habe mich bemüht, Projekte zu unterstützen, die dem Frieden, dem Dialog und der Versöhnung der gesellschaftlichen Gruppen untereinander dienen“, betonte Kavala und forderte seine Freilassung: „Ich erkläre hiermit, dass zwischen mir und Hunderttausenden Personen, die sich bei den Gezi-Vorfällen friedlich betätigt haben, kein Unterschied besteht. Ich fordere einen Freispruch und meine Freilassung.“

Die Verhandlung, zu der unter anderem die Bundestagsvizepräsidentin und Grünen-Politikerin Claudia Roth angereist ist, wird nach der Mittagspause fortgesetzt.