Kreative Solidarität mit Efrîn

Die Türkei führt mit deutschen Waffen einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen den nordsyrischen Kanton Efrîn. Viele Menschen in der Bundesrepublik und im europäischen Ausland finden das unerträglich.

Der Protest gegen die türkische Militärinvasion in Efrîn wird in Europa immer lauter und kreativer. Seit drei Tagen findet in der Schweiz ein langer Marsch von Lausanne nach Genf statt, mit dem die Vereinten Nation dazu aufgefordert werden, sich konsequent für eine Beendigung dieses völkerrechtswidrigen Angriffes zu engagieren. Auch in dezentralen Aktionen zeigt sich kreativer Protest.

Freundschaftlicher Umgang sorgt für Entsetzen

Weltweit sind seit über drei Wochen Tausende Menschen täglich auf der Straße, um auf die Kriegsverbrechen des türkischen Staates und der vom AKP-Regime eingesetzten dschihadistischen Söldner in Efrîn aufmerksam zu machen. In Deutschland richtet sich der Protest vor allem gegen die Bundesregierung, die laut Koalitionsvereinbarung weiterhin auf eine gute Zusammenarbeit mit der Türkei setzt. Am morgigen Donnerstag will Bundeskanzlerin Angela Merkel ihren türkischen Amtskollegen Binali Yildirim im Kanzleramt empfangen. Dieser freundschaftliche Umgang am Jahrestag der Verschleppung Abdullah Öcalans in die Türkei vor 19 Jahren und einen Tag, nachdem der Journalist Deniz Yücel seit einem Jahr ohne Anklageschrift als Geisel des Erdoğan-Regimes in Untersuchungshaft sitzt, sorgt in der interessierten Öffentlichkeit für Entsetzen.

Grundrechte für Kurden außer Kraft gesetzt

Als „Gastgeschenk“ für den türkischen Ministerpräsidenten soll es Kurden in Deutschland künftig gänzlich unmöglich gemacht werden, gegen die Massaker des türkischen Staates in Efrîn auf demokratische Weise zu protestieren. Nachdem vor einem Jahr per Erlass des Innenministeriums alle Symbole der kurdischen Befreiungsbewegung verboten worden sind, ist den Kurden in Köln das Demonstrationsrecht gänzlich abgesprochen worden. Wie Ayten Kaplan als Ko-Vorsitzende von NAV-DEM heute bekannt gab, hat das Polizeipräsidium Köln gleich in zwei Fällen Verbotsverfügungen gegen angemeldete Demonstrationen eines kurdischen Vereins in der Stadt erlassen.

„In den genannten Verfügungen wird das Demonstrationsverbot damit begründet, dass es sich bei dem größten kurdischen Dachverband in Deutschland NAV-DEM um eine Nachfolgeorganisation der in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans handele, wodurch das Recht, ‚öffentliche Versammlungen und Aufzüge zu veranstalten und durchzuführen‘ verwirkt sei“, heißt es in einer heute veröffentlichten Presseerklärung von NAV-DEM.

Unterdessen mehren sich in den deutschen Medien die Berichte über die wirtschaftlichen Interessen, die Deutschland und die Türkei zu guten Partnern machen. Insbesondere die umstrittene Panzernachrüstung durch Rheinmetall trotz ausstehender Genehmigung wird thematisiert.

Freiburg: Efrîn geht uns alle an

Je stärker die Grundrechte der kurdischen Bevölkerung in Deutschland beschnitten werden, desto wichtiger wird es, dass auch nichtkurdische Menschen für Efrîn eintreten und die schmutzigen Verbindungen zwischen der Bundesregierung und dem türkischen Staat thematisieren.

In Hamburg sorgte vorgestern die Besetzung der SPD-Landeszentrale unter dem Motto „Blut an euren Händen“ durch linke Aktivist*innen für Aufsehen. Gestern fand in Freiburg eine Protestaktion gegen Rüstungsunternehmen statt. Etwa vierzig Personen versammelten sich vor dem Freiburger Unternehmen Northrop Grumman Litef GmbH, um vor dem Werkstor symbolisch wurde einen Panzer zu verbrennen, der von Litef unter anderem mit Navigationssystemen ausstattet wird. Die Aktion wurde videodokumentiert.

 

„Wir werden Widerstand leisten“

Laut Angaben der Aktivist*innen hat Litef einen Jahresumsatz von über 100 Millionen Euro und ist viertgrößter Waffenexporteur der Welt. In einer Erklärung des Internationalistischen Komitees Freiburg heißt es weiter:

„Die deutsche Waffenindustrie rüstet diktatorische und faschistische Regime, wie das von Erdogans AKP Regierung, mit modernsten Waffensystemen aus. Sie dienen zur Unterdrückung der eigenen Bevölkerung und nun, um gemeinsam mit dschihadistischen Gruppen das demokratische Projekt Afrin in Nordsyrien zu bekämpfen. Wir fordern den sofortigen Stopp von militärischer Unterstützung des türkischen Regimes und ein Ende der Rüstungsproduktion!

Solange die Bundesregierung den Krieg der Türkei gegen Afrin unterstützt und die Kriminalisierung der kurdischen Bewegung hierzulande fortführt, werden wir Widerstand leisten. Der Protest richtet sich sowohl gegen die Rüstungsproduktion und -exporte der Bundesrepublik Deutschland, als auch gegen die anhaltende Kriminalisierung kurdischer und linker Bewegungen in Deutschland. Diese äußert sich sowohl in Form von Flaggen- und Symbolverboten, Schikanen im Vereins- und Versammlungsrecht, als auch in der rechtlichen Verfolgung durch die Einstufung als terroristische Vereinigungen.“

Basel: Solidarische Perspektiven

In Basel ist unterdessen von solidarischen Kreisen ein „Mobi-Video“ erstellt worden, das sich auf den Krieg in Efrîn bezieht und aus „Zusammenschnitten aus solidarischer Perspektive“ besteht.