Der in der Türkei inhaftierte kurdische Politiker Ayhan Bilgen hat Haftbeschwerde eingelegt. Damit will der abgesetzte Ko-Bürgermeister von Qers (türk. Kars) die Aufhebung des Haftbefehls gegen ihn wegen des Vorwurfs der versuchten Zerstörung der Einheit und Integrität des Staates, Mord, Plünderung, Anstachelung zur Gewalt und Freiheitsberaubung durchsetzen.
Bilgen war am vergangenen Freitag zusammen mit sechzehn weiteren Politikerinnen und Politikern sowie Vorstandsmitgliedern der Demokratischen Partei der Völker (HDP) im Rahmen des „Kobanê-Verfahrens“ in Ankara verhaftet worden. Bei einer Verurteilung drohen ihnen langjährige Freiheitsstrafen.
In der Beschwerde gegen die Untersuchungshaft weisen Bilgens Anwälte den dringenden Tatverdacht gegen ihren Mandanten zurück. Außerdem sei die Begründung der Haft nicht nachvollziehbar, da Bilgen bereits 2017 im Zusammenhang mit den Kobanê-Protesten über sieben Monate im Gefängnis saß. Das türkische Verfassungsgericht konnte damals keinen Grund für seine Verhaftung erkennen und erklärte sie für rechtswidrig. Dennoch wurde er nun wegen des gleichen Vorwurfs verhaftet.
Beschwerde von Emine Ayna abgewiesen
Im Fall der früheren Parlamentsabgeordneten und Ex-Vorsitzenden der Partei der demokratischen Regionen (DBP), Emine Ayna, ist die Haftbeschwerde bereits abgelehnt worden. Das Gericht in Amed (Diyarbakir) hielt die Beschwerde für unbegründet und wollte nicht abhelfen. Mehmet Emin Aktar, der Rechtsanwalt von Ayna, wunderte sich über die schnelle Entscheidung. „Den Antrag zur Aufhebung des Haftbefehls haben wir am Dienstag eingereicht. Nur einen Tag später wurde er abgewiesen. Das nennt man eine Justiz, die nahezu mit Lichtgeschwindigkeit arbeitet.“
Das sogenannte Kobanê-Verfahren
Im Kobanê-Verfahren wird insgesamt gegen 82 Personen ermittelt, 61 sollen sich im Ausland aufhalten. Hintergrund ist ihre vermeintliche Beteiligung an Demonstrationen im Oktober 2014, als die HDP anlässlich des IS-Angriffs auf Kobanê auch gegen die Unterstützung der türkischen Regierung für die dschihadistische Terrormiliz protestierte. Bereits die ehemaligen HDP-Vorsitzenden Figen Yüksekdağ und Selahattin Demirtaş waren unter anderem wegen der Beteiligung an den „Kobanê-Protesten“ verhaftet worden. Sieben Abgeordneten, die 2014 Mitglied des zentralen Exekutivrates der HDP waren, droht zudem der Verlust ihrer parlamentarischen Immunität.