Kışanak und Tuncel bleiben in Haft

Die Hauptverhandlung im Prozess gegen Gültan Kışanak und Sebahat Tuncel wurde erneut vertagt. Die beiden kurdischen Politikerinnen bleiben in Haft.

Vor dem 1. Schwurgerichtshof von Malatya fand heute der zehnte Verhandlungstag im Prozess gegen die abgesetzte Ko-Bürgermeisterin der Stadtverwaltung von Amed, Gültan Kışanak und die Ko-Vorsitzende der Partei der Demokratischen Regionen (DBP), Sebahat Tuncel statt. Wegen „Gründung und Führung einer Vereinigung“, „Teilnahme an verbotenen Demonstrationen und Kundgebungen und sich der Auflösung nach Aufforderung zu verweigern“ sowie „Propaganda für eine Organisation“ fordert die Staatsanwaltschaft für Kışanak 230 Jahre und für Tuncel 145 Jahre Haft.

Die Anklage stützt sich auf Ermittlungen der Generalstaatsanwaltschaft von Diyarbakir (Amed). Diese hatte Gültan Kışanak im Oktober 2016 inhaftieren lassen und ihr Amt einem staatlichen Zwangsverwalter übergeben. Einen Monat später wurde Sebahat Tuncel inhaftiert.

Die Verhandlung wurde heute von zahlreichen Politiker*innen und Menschenrechtler*innen aus dem In- und Ausland beobachtet. Die beiden Angeklagten nahmen nicht teil, sechs ihrer Anwält*innen waren im Saal. Der Prozess wurde mit der Erklärung der Staatsanwaltschaft fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft wirft Kışanak vor, 41 Mal Propaganda für die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) und den Demokratischen Gesellschaftskongress (DTK) gemacht zu haben. Außerdem wird ihr vorgeworfen, zum Transport von gefallenen PKK-Mitgliedern Fahrzeuge der Stadtverwaltung zur Verfügung gestellt zu haben und eine „bewaffnete Organisation gegründet und geführt“ zu haben. Tuncel wird aus angeblichen Verbindungen zwischen der KCK und dem DTK die „Mitgliedschaft in einer [illegalen] Organisation“ vorgeworfen.

Wie bereits in den Verhandlungen zuvor erklärten die Anwält*innen erneut, dass es sich beim DTK um eine legale Institution handelt. Aktiv im DTK zu sein stelle keinen Straftatbestand dar. Die Aussagen der beiden Politikerinnen, die als Terrorpropaganda gewertet werden, wären durch die im Gesetz garantierte freie Meinungsäußerung gedeckt und stellten ebenfalls keinen Strafbestand dar. Ein Antrag auf Haftentlassung wurde abgewiesen. Der Prozess wurde vertagt auf den 17. Dezember.