KCDK-E: Gemeinsam gegen Hetze und Willkür vorgehen

Die Ko-Vorsitzenden des kurdischen Europadachverbands KCDK-E gehen in einer Erklärung auf den Verbotsversuch des vierten Kongresses durch die Kölner Polizei ein und kündigen politische und juristische Schritte an.

Am 11. Juli sollte der vierte Kongress des kurdischen Europadachverbands KCDK-E stattfinden. Die deutschen Sicherheitsbehörden verboten den Kongress mündlich am Freitagabend vor Beginn der Veranstaltung. Der KCDK-E sieht darin ein durchsichtiges Manöver, um das rechtswidrige Verbot durchzusetzen. Der Dachverband hielt den Kongress dennoch in Form einer Kundgebung in Köln ab. Die Ko-Vorsitzenden des KCDK-E, Fatoş Göksungur und Yüksel Koç, gaben am Mittwochmorgen eine Überblickserklärung zu den Ereignissen ab.

Polizei wollte juristisches Vorgehen gegen Verbot verhindern

In der Erklärung heißt es: „Die deutschen Sicherheitsbehörden haben versucht, den vierten Kongress der größten Dachorganisation von Kurd:innen in Europa, dem KCDK-E, willkürlich zu behindern. Die Kölner Polizei rief am Freitag nach 17 Uhr die beiden Ko-Vorsitzenden (Fatoş Göksungur und Yüksel Koç) an und erklärte, dass wir den Kongress nicht durchführen könnten. Sie kündigte an, mit großem Aufgebot vor Ort zu sein, und drohte, uns wenn nötig mit Gewalt an der Durchführung des Kongresses zu hindern. Außerdem drohte sie mit Verfahren gegen die Ko-Vorsitzenden. Wir sagten, dass sie eine Gerichtsentscheidung, soweit sie denn vorläge, unseren Anwält:innen zukommen lassen solle und wir dann die Entscheidung auf juristischem Wege korrigieren könnten. Der Polizeiverantwortliche erklärte, dass dies nicht nötig sei, die Polizei werde den Kongress nicht zulassen. Daraufhin intervenierte unser Rechtsbeistand und die Polizei verbreitete mit Diffamierungen und Lügen gespickte Erklärungen.

Sie wussten, dass wir die Entscheidung vor Gericht kippen würden“

Als KCDK-E hatten wir ab dem 3. Juni Kongresseinladungen an Regierungen, Migrationsminister:innen und zivilgesellschaftliche Organisationen in allen europäischen Staaten geschickt. Warum wird uns, nachdem alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, am 10. Juli nach 17 Uhr das Verbot mitgeteilt? Diejenigen, die diese Entscheidung getroffen haben, wissen genau, dass sie nicht rechtens und willkürlich ist. Sie wussten, dass wir uns an die Gerichte wenden und die Entscheidung kippen würden. Daher haben sie uns diese Entscheidung nach der Schließung der Büros am Freitag ausschließlich mündlich mitgeteilt. Es ging dabei darum, unseren Kongress zu verhindern und eine Provokation anzuzetteln. Sie glaubten, wir würden, wenn es ein unter normalen Umständen schriftlich zugestelltes Dokument nicht gäbe, zum Ort des Kongresses gehen und versuchen, diesen mit Gewalt durchzusetzen. Durch die Schaffung einer solchen Situation sollten wir als Schuldige dargestellt und unserer Kriminalisierung Vorschub geleistet werden. Wir betonen erneut, dass uns Ko-Vorsitzenden oder unser Büro keinerlei schriftliche Begründung für das Verbot erreicht hat.

Breite Solidarität

Wir haben von den meisten Kreisen, die wir eingeladen haben, entweder schriftliche oder Videobotschaften erhalten. Abgeordnete, Journalist:innen, Akademiker:innen, Schriftsteller:innen und Gewerkschafter:innen aus allen europäischen Staaten wie auch aus Australien und Kanada haben uns solche Botschaften geschickt. Wir sind bereit, diese Botschaften mit der Presse und der Öffentlichkeit zu teilen. Viele namhafte Persönlichkeiten aus Italien bis hin nach Schweden haben ihre Teilnahme am Kongress angemeldet. Trotz der willkürlichen Praxis der deutschen Behörden sind ein ehemaliger italienischer Senator, ein schwedisches Parlamentsmitglied und viele NGO-Vertreter:innen am 11. Juli nach Köln gekommen und haben sich an unserem im Freien veranstalteten Kongress beteiligt.

Auch Vertreter:innen von Parteien und Institutionen aus Kurdistan und demokratischer und oppositioneller Institutionen aus der Türkei haben sich am 11. Juli an unserem Kongress beteiligt und ihre Solidarität gezeigt. Wir sind davon überzeugt, dass dieses willkürliche Verbot auf Ersuchen des Diktators Erdoğan bzw. des türkischen Staats rechtswidrig verhängt wurde. Nachdem die Kölner Polizei die Ko-Vorsitzenden angerufen hatte, um sie über die Willkürentscheidung zu informieren, veröffentlichten einige deutsche Medien diffamierende und mit Falschbehauptungen gespickte Berichte, die ein Lynch-Klima gegen den KCDK-E schaffen sollten. Sie machten die Ko-Vorsitzenden zu Zielen türkischer Agenten und haben unsere Arbeit diffamiert. Aus der Presse geht hervor, dass die Polizei behauptet hat, auf diesem Treffen würden sich 200 Personen aus der PKK-Führung versammeln. Jeder weiß jedoch, dass Institutionen wie die unsere, die auch juristische Personen darstellen, ihre Kongresse mit Delegierten der Mitgliedsinstitutionen durchführen. Wir sind sicher, dass die Medien und die Kölner Polizei, die diese Falschmeldungen verbreitet haben, das ebenso genau wissen wie wir.

Sich zu versammeln, ist ein verbrieftes Recht des KCDK-E

Der KCDK-E ist ein offiziell bei der belgischen Handelskammer registrierter Verein und hat das Recht, Kongresse in allen europäischen Ländern abzuhalten. Der Verbotsgrund der Kölner Polizei ist eine blanke Lüge, denn Delegierte von offiziell registrierten Vereinen und Verbänden aus den Niederlanden, England, Frankreich, Österreich, der Schweiz, Schweden, Dänemark, Finnland, Norwegen, Italien, Zypern, Griechenland, Kanada und Australien nehmen und nahmen an den Versammlungen teil. Aus Deutschland waren die Vorstände und Vertreter:innen kurdischer sozialer Zentren aus Städten wie Hamburg, Berlin, Hannover, Stuttgart, Frankfurt und Köln zum Kongress eingeladen. Die Polizei filmte alle auf dem im öffentlichen Raum stattgefundenen Kongress. 200 Personen haben dort abgestimmt. Bei diesen Personen handelte es sich um unsere Delegierten.

Kongress fand trotz Hindernissen statt

Der Versuch der Verhinderung des Kongresses war eine rein politische Entscheidung, mit der Deutschland seine eigene Verfassung mit Füßen getreten hat, um dem türkischen Staat und dem Diktator Erdoğan seine Loyalität zu zeigen. Mit der Repression gegen den KCDK-E, der 409 Institutionen und Dutzende von Einrichtungen vertritt, hat Deutschland selbst gegen den im Völkerrecht und im Grundgesetz festgelegten Grundsatz „Jeder hat das Recht, sich zu organisieren und seine Meinung zu äußern, unabhängig von Identität, Hautfarbe, Geschlecht oder politischer Meinung“, verstoßen. Der KCDK-E und die Kongressdelegierten lieferten der Bundesregierung mit ihrem Kongress im öffentlichen Raum ein Beispiel für Demokratie, Recht und Transparenz. In diesem Rahmen haben wir den neuen Vorstand und die Aufsichts- und Disziplinargremien draußen gewählt.

Viele Freund:innen von Skandinavien bis Italien waren anwesend. Komala, YNK, Gorran und über 50 weitere Organisation wie auch das Bündnis Demokratischer Kräfte in Europa (ADGB), das aus 20 Organisationen türkischer, assyrischer, armenischer, lasischer, kurdischer, alevitischer, ezidischer und muslimischer Identität besteht, waren dabei präsent. Außerdem nahmen der HDP-Ehrenvorsitzende Ertuğrul Kürkçü, der ehemalige Ko-Vorsitzende des Demokratischen Gesellschaftskongresses (KCD/DTK), Hatip Dicle, und der schwedische Linksparteiabgeordnete Daniel Riazat an unserem Kongress teil und gaben uns Kraft. Auch Benny Gustavsson als Sprecher der schwedisch-kurdischen Freundschaftsgruppe, der Schriftsteller Luigi Vinci, zweimaliger Senator in Italien, ehemaliges Mitglied des Europäischen Parlaments und Mitglied des italienischen Komitees für die Freiheit von Abdullah Öcalan, sowie die italienische Aktivistin Silvana Barbieri zeigten ihre Solidarität und protestierten persönlich gegen das Verbot.

Der Focus auf den Spuren der türkischen Regimepresse

Im Fokus stand ein besonders beleidigender Satz: Es würden sogenannte ‚Loverboys‘ eigens nach Köln reisen, „um junge Frauen zum Kampf für die linksextreme Arbeiterpartei zu verführen“. Solche hässlichen Behauptungen kennen wir aus den Medien, die den Diktator Erdoğan in der Türkei unterstützen. Offensichtlich haben diese Methoden nun auch die Medien in Deutschland erreicht. Das ist eine große Beleidigung für alle Kurd:innen und widerspricht dem Artikel 1 des Grundgesetzes, nach dem die Menschwürde unantastbar ist und vom Staat garantiert wird. Dieser Paragraph wurde hier verletzt. Wir rufen die Verantwortlichen zum Handeln auf.

Sexistisch, absurd und skandalös“

Die hier erhobenen Vorwürfe sind sexistisch, absurd und skandalös. Es handelt sich um eine Beleidigung gegenüber der kurdischen Gesellschaft, ihrer Demokratie, ihrer Würde und ihres Freiheitskampfes. Nachrichten wie diese stellen ein direktes Hindernis für eine aufrichtige Debatte über die Forderungen der Kurd:innen nach legaler Anerkennung dar. Deshalb laden wir neben der Politik auch die Presse ein, eine Diskussion über die kurdische Frage und das PKK-Verbot zu führen. Im Mittelpunkt stehen dabei die Achtung der Menschenrechte der Kurd:innen und die Förderung des Dialogs zur Lösung der kurdischen Frage. Eine offene politische Debatte ist notwendig. Dialog statt Verbot ist gefragt. Als größte Institution von Menschen aus Kurdistan in Europa glauben wir, dass alle Probleme durch Dialog gelöst werden können. Wir erklären, dass wir bereit sind, jegliche Verantwortung dafür zu übernehmen.

Einladung zum Attentat“

Wir sind eine Institution, die sich für Frieden und Demokratie einsetzt. Mitglieder des KCDK-E-Vorstands werden durch diese Hetzkampagne ins Visier türkischer Nationalisten gebracht und zur Zielscheibe gemacht. In Deutschland wurden erst vor wenigen Tagen Todeslisten mit Kritikern von Recep Tayyip Erdoğan veröffentlicht, die Morddrohungen haben zugenommen. Jüngst wurde der Oppositionsjournalist Erk Acarer bei sich zu Hause in Berlin angegriffen und verletzt. Es ist nicht schwer zu erraten, dass dieses Verbrechen von Erdoğans Banden verübt wurde. Warum versucht die Polizei, den KCDK-E-Kongress zu verhindern, anstatt diejenigen zu fassen, die Erk Acarer geschlagen und verletzt haben? Die Dämonisierung des Wunsches der Kurd:innen nach Freiheit, Gleichheit und Zusammenleben wird dazu führen, dass sich die Probleme vertiefen. Wir erinnern an Absatz 1 des Pressegesetzes: Die Achtung der Wahrheit, der Schutz der Menschenwürde und die korrekte Information der Öffentlichkeit sind die wichtigsten Prioritäten der Presse. Als KCDK-E werden wir über unsere Anwält:innen juristisch gegen die Willkürbehandlung durch die Polizei und die Falschbehauptungen bestimmter Medienorgane vorgehen.

Was ist der KCDK-E?

KCDK-E wurde 2015 gegründet. Er hat seinen Sitz in Liege, Belgien, und wurde im belgischen Vereinsregister als juristische Person anerkannt. Er ist die größte kurdische Diaspora-Institution mit Sitz in Europa. Es besteht aus 409 Mitgliedsverbänden, darunter Frauen- und Jugendverbänden, kurdischen sozialen Zentren in Europa, Kanada und Australien, Institutionen von Kurd:innen aus Rojava, Başur, Rojhilat und Bakur, sowie Glaubenseinrichtungen von Alevit:innen, Ezid:innen und Muslim:innen.

Der Zweck des KCDK-E ist laut Satzung wie folgt definiert: Im Rahmen des Ansatzes einer multikulturellen Gesellschaft arbeitet der KCDK-E daran, Freundschaftsbeziehungen zwischen migrantischen Communities und Institutionen innerhalb ganz Europas und der kurdischen Gemeinschaft und ihren Institutionen aufzubauen, zu pflegen und zu entwickeln und gleichzeitig den Schutz, die Entwicklung und die Anerkennung der eigenen Kultur und Identität des kurdischen Volkes zu gewährleisten.

Dafür entwickelt der KCDK-E einen freundschaftlichen Dialog mit allen politischen Parteien, demokratischen Organisationen, Plattformen, Initiativen und Einzelpersonen in Europa, die sich für die Lösung sozialer Probleme, Toleranz und Frieden in Europa einsetzen, universelle demokratische Werte annehmen und unterstützen und arbeitet mit diesen zusammen, baut neue Dachorganisationen auf oder kann sich bestehenden anschließen.

Aufruf zum Protest gegen Falschbehauptungen und willkürliche Verbote

Als KCDK-E möchten wir allen Institutionen und Persönlichkeiten, die sich solidarisch gezeigt oder teilgenommen haben, unseren Dank aussprechen. Wir rufen alle Institutionen und Einzelpersonen, die für Demokratie, Freiheit, Gleichheit und Frieden eintreten,dazu auf, ihre demokratische Reaktion auf diese falsche, willkürliche und politische Entscheidung der Polizei zu zeigen, ihren Protest gegen die diffamierenden Falschbehauptungen einiger Medien zu verstärken und Solidarität mit dem KCDK-E zu zeigen, um diese Entscheidung der betreffenden Institutionen zu korrigieren.”