Jugendlicher wegen kurdischer Kleidung aus Wahllokal verwiesen

Der 15-jährige Şerwan Tan ist aufgrund seiner traditionellen kurdischen Kleidung aus einem Wahllokal in London verwiesen worden. Ein AKP-Anhänger hatte behauptet, bei der Tracht handele es sich um Guerillakleidung.

In der Türkei finden am 14. Mai Parlaments- und Präsidentschaftswahlen statt, die Stimmabgabe im Ausland hat bereits begonnen. In einem Wahllokal in London ist ein kurdischer Jugendlicher von AKP-Anhängern rassistisch bedrängt worden. Şerwan Tan kam in traditioneller kurdischer Kleidung mit seinem Vater zu dem Wahllokal am Old Billingsgate Walk und erregte damit Aufmerksamkeit. Bevor er den Saal betrat, erklärte der 15-Jährige, dessen Vater aus Mêrdîn stammt und dessen Mutter Britin ist, gegenüber ANF: „Wählt die Yeşil Sol Parti [Grüne Linkspartei] für Demokratie und Freiheit in der Türkei und in der ganzen Welt. Die Rechte der Frauen in der Türkei reichen nicht aus, es bedarf der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen, die Menschen in der Türkei sollten ihre Rechte bekommen."

 

Als Şerwan Tan jedoch mit seinem Vater in das Wahllokal kam, wurde er von AKP-Funktionären aufgrund seiner Kleidung rassistisch belästigt und aufgefordert, den Raum zu verlassen. Ein AKP-Anhänger forderte das Sicherheitspersonal zum Einschreiten auf und behauptete fälschlicherweise, der Jugendliche würde Guerillakleidung tragen. Bei dem traditionellen Anzug handelte es sich jedoch um die in der nordkurdischen Provinz Colemêrg (Hakkari) übliche blaue Tracht mit einem geblümten Bauchgurt. Anwesende Wahlberechtigte protestierten gegen die Intervention und erklärten: „Das ist Faschismus. Ihr seid Faschisten!" Vertreter:innen des Bündnisses für Arbeit und Freiheit, auf dessen Wahlliste die Grüne Linkspartei antritt, erklärten, es handele sich um eine Provokation. Aufgrund der Spannungen wurde Şerwan vom Sicherheitspersonal aus dem Saal eskortiert.

„Nicht einmal kurdische Kleidung wird toleriert“

Şerwan Tan sagte nach dem Vorfall: „Sie haben mich wegen meiner Kleidung hinausgeworfen. Diejenigen, die das getan haben, sind faschistische Leute, sie sagen, dass meine Kleidung eine Uniform ist. Meine Kleidung ist jedoch keine Uniform, sie ist nationale Kleidung, nur kurdische Kleidung, das ist meine Kultur. Meine Familie und alle Menschen in Kurdistan kleiden sich so. Wir haben hier keine Probleme verursacht. Mein Vater ist heute hierher gekommen, um zu wählen, und ich wollte in meiner nationalen Kleidung kommen. Das hat mein Vater hat erlaubt, aber hier haben sie mich rausgeworfen. Diese Leute sind faschistische Leute, sie sind keine guten Leute für die Türkei. Genau aus diesem Grund wählen wir die Yeşil Sol Parti."

Rechtsanwältin Sibel Özçelik: Rassismus und Faschismus

In einer scharfen Reaktion auf den rassistischen Angriff von AKP-Mitgliedern im Wahllokal wies Rechtsanwältin Sibel Özçelik, Mitglied der britischen Wahlkoordination der Grünen Linkspartei, darauf hin, dass es in London keine Kleiderordnung gibt. Özçelik betonte, dass die Kleidung, der Glaube, die Gedanken und der Lebensstil der Menschen in keiner Weise in Frage gestellt werden dürfen: „Was Şerwan erlebt hat, ist Rassismus und Faschismus. Leider spiegelt sich hier die Diskriminierung in der Türkei wider. Es ist Faschismus und ein Verbrechen."