Italien: Türkischer Botschafter stört sich an Öcalan-Bericht

Die italienische Zeitung Corriere de la Sera reagiert auf Versuche der Einflussnahme auf ihre Berichterstattung durch die türkische Botschaft mit einem großformatigen Foto von Abdullah Öcalan.

Die renommierte italienische Zeitung Corriere de la Sera hat mit einem Artikel über die Werke Abdullah Öcalans und einer Videoreportage zu dessen Rolle im Kampf um Demokratie den Unmut des Regimes in Ankara auf sich gezogen. In dem Artikel des Journalisten und Autors Antonio Ferrari mit dem Titel „Die Gefängnisschriften Öcalans aus lebenslanger Haft“ wurde Öcalan mit dem antifaschistischen Widerstandskämpfer und späteren italienischen Präsidenten Sandro Pertini verglichen. Ferrari hatte Öcalan 1993 im Libanon besucht und seinen Artikel mit Aufnahmen aus dieser Zeit versehen.

Die türkische Botschaft reagierte mit impliziten Drohungen: „Eine terroristische Organisation wie die PKK oder ihr Führer, die mehr als 40.000 Menschen das Leben gekostet hat, sollte keine Desinformationskampagne in einer großen italienischen Zeitung durchführen dürfen. Andernfalls wäre dies einfach terroristische Propaganda.“ Hier bedient sich der Botschafter einer Strafandrohung. In der Türkei werden Journalistinnen und Journalisten unter dem Vorwurf der „Propaganda für eine Terrororganisation“ oft zu jahrzehntelangen Haftstrafen verurteilt.

Die italienische Zeitung folgte dem Wunsch des türkischen Botschafters, seinen offenen Brief abzudrucken, und versah diesen mit einer großformatigen Aufnahme Öcalans und einem Kommentar von Antonio Ferrari. Dieser erklärte: „Ich bestätige alles, was ich, um der Wahrheit willen, geschrieben habe. Wir hier in Italien haben auch den türkisch-kurdischen Repräsentanten empfangen. Der türkische Präsident Turgut Özal war von der Notwendigkeit eines ernsthaften und fairen Dialogs mit Öcalan überzeugt. Für mich und die meisten Italiener und Europäer ist Öcalan ein zu Unrecht verfolgtes Opfer.“