Die am Freitag in Istanbul festgenommenen HDP-Mitglieder bleiben vorerst in Polizeihaft. Die Generalstaatsanwaltschaft in der westtürkischen Metropole ließ die Frist des Gewahrsams am Samstag um vorläufig vier Tage verlängern. Die Hintergründe zum Ermittlungsverfahren will die Behörde aber weiterhin nicht preisgeben, die Akte ist zudem mit einer Geheimhaltungsverfügung belegt. Somit bleibt unklar, was den Festgenommenen überhaupt vorgeworfen wird.
Ging die HDP am Vortag zunächst noch von vier Festnahmen aus, erhöhte sich diese Zahl im Verlauf des Tages. In Istanbul sind bislang mindestens sieben Personen von dem Repressionsschlag betroffen. Es handelt sich um Livan Orman vom HDP-Parteirat, den Ko-Vorsitzenden des Kreisverbands in Beşiktaş, Orhan Özöner, sowie Arjin Emektar, Ahmet Bayazıt, Roj Medrin Bor, Mehmet Salih Dikmen und Ismail Toptamur von der HDP-Jugend. Bei der Razzia in der elterlichen Wohnung von Livan Orman hatte die Polizei die Angehörigen des Politikers misshandelt. Vier weitere Personen wurden in Muğla und Wan festgenommen. Sie sollen noch am Wochenende nach Istanbul überstellt werden, ihre Identitäten sind nicht bekannt.
Das Vorgehen der türkischen Verfolgungsbehörden deutet auf einen weiteren weitreichenden Repressionsschlag gegen die demokratische und kurdische Opposition in der Türkei hin. Seit Ankara mit einer neuerlichen Invasion in den Autonomiegebieten von Nord- und Ostsyrien droht, ziehen Polizei und Justiz täglich nahezu überall im Land die beliebte Terrorkarte, um ihre selbsterklärten Feinde aus dem Verkehr zu ziehen. Die HDP ist die einzige Fraktion im türkischen Parlament, die sich ohne Wenn und Aber gegen die antidemokratische, unmenschliche und kriegstreiberische Politik von Recep Tayyip Erdogan stellt und seiner AKP Paroli bieten kann.