In der westtürkischen Metropole Istanbul ist die Abgabe einer öffentlichen Presseerklärung der Parteien HDP und YSP von der Polizei verhindert worden, mehrere Personen wurden in Gewahrsam genommen. Das Statement mit dem Titel „Die HDP ist keine Bühne der Regierung zur Manipulation der öffentlichen Meinungsbildung – Wir beharren auf demokratischer Politik“ sollte am späten Montagnachmittag vor dem gemeinsamen Parteigebäude im zentralen Stadtteil Beyoğlu verlesen werden. Damit wollten die HDP und die YSP die Festnahmen von Oppositionellen anprangern, die früher am Tag im Zuge einer sogenannten Anti-Terror-Operation stattgefunden hatten.
Die Polizei, die mit einem Großaufgebot im Einsatz war und das Gebäude umstellte, gab gegenüber den beiden Provinzverbandsvorsitzenden der Istanbuler HDP, Ilknur Birol und Murat Kalmaz zu verstehen, dass die Presseerklärung „unter keinen Umständen“ gestattet werde. Als sich Mitglieder der Parteien und weitere Personen, die sich zuvor in dem gemeinsam von HDP und YSP genutzten Gebäude eingefunden hatten – darunter auch der Parlamentsabgeordnete Cengiz Çiçek – auf die Straße begeben wollten, wurden sie umgehend von der Polizei eingekesselt. Anwesende Medienschaffende, die den Vorgang dokumentierten, wurden gewaltsam vom Platz gezerrt, darunter auch ANF-Korrespondentin Zeynep Kuray. Anschließend griffen Einsatzkräfte in die Menge ein und fischten etwa zehn Personen raus, die wegen „Nichtbefolgens polizeilicher Weisungen“ abgeführt wurden.
Unter dem Vorwand, sie hätten zwei Guerillakämpfer der PKK, die am Sonntag in Ankara einen Angriff gegen die Generaldirektion für Sicherheit des Innenministeriums durchgeführt hatten, unterstützt, waren vergangene Nacht mindestens zwanzig Personen, darunter Kommunalpolitiker:innen der HDP sowie Aktivist:innen zivilgesellschaftlicher Organisationen, in Istanbul und Kırklarei festgenommen worden. Welchen Hinweisen Polizei und Ministerium nachgegangen sind, ist noch unklar. Die Ermittlungen wurden umgehend als Verschlusssache eingestuft, zudem gilt für die Festgenommenen ein 24-stündiges Anwaltsverbot. Bei solchen Maßnahmen, die üblich sind in Verfahren mit angeblichem Terrorismusbezug, handelt es sich um eine gängige Methode der türkischen Justiz, die Verteidigung zu torpedieren.
HDP und YSP protestieren mit Sitzstreik gegen erneute Festnahmen
Die HDP geht ohnehin davon aus, dass die Verdächtigungen gegen die Festgenommenen konstruiert sind und als Vorwand für die Kriminalisierung der Partei dienten. Gegen die aus Sicht der HDP rechtswidrige Festnahmeoperation vom Morgen und die verhinderte Presseerklärung protestierten Mitglieder der Partei im Eingangsbereich des Gebäudes mit einem Sitzstreik. Dabei skandierten sie „Schulter an Schulter gegen den Faschismus“, „Die Repression kann uns nicht aufhalten“, „Die HDP ist das Volk und das Volk ist hier“ sowie „Es lebe der Widerstand in den Gefängnissen“.