Sozialistische Partei der Unterdrückten
In der Türkei rollt die Repressionswelle gegen die Sozialistische Partei der Unterdrückten (ESP) weiter. In Istanbul sind am Mittwochnachmittag knapp vierzig Menschen bei einer Kundgebung in Gewahrsam genommen worden, die aus Protest gegen eine Festnahmewelle am Tag zuvor stattgefunden hat. Laut der Anwaltskanzlei EHB führte die Polizei mindestens 38 Personen, die sich an der Veranstaltung vor der Süreyya-Oper im asiatischen Stadtteil Kadıköy beteiligen wollten, unter Einsatz von Gewalt ab.
Die Betroffenen seien in das Folterzentrum berüchtigte Polizeipräsidium Vatan gebracht worden, wo sie die Nacht in Arrestzellen verbringen mussten. Nach einer obligatorischen Gesundheitskontrolle würden sie vermutlich wieder auf freien Fuß gesetzt, teilte das Rechtsbüro weiter mit. Die DEM-Abgeordneten Çiçek Otlu und Kezban Konukçu, die die Kundgebung unterstützten, verurteilten die Festnahmen und bezeichneten den Vorgang als „faschistisches Vorgehen“.
Am Dienstag waren Dutzende Menschen aus ESP-Strukturen bei Razzien in Istanbul festgenommen worden. Grund ist laut EHB ein Ermittlungsverfahren der Generalstaatsanwaltschaft Istanbul, das mit dem Label „Antiterrorkampf“ versehen sei. Zunächst war die Kanzlei von 25 Festnahmen ausgegangen. Gestern wurde bekannt, dass insgesamt 41 Menschen in Gewahrsam genommen worden sind.
Worum es bei den Ermittlungen geht, ist nicht bekannt. Die Ermittlungsakte wurde als Geheimhaltungssache eingestuft, darüber hinaus verhängte die Justiz ein 24-stündiges Anwaltsverbot. Dieses lief am Mittwoch aus. Ob und wann die Betroffenen an die Staatsanwaltschaft überstellt werden, sei aber noch unklar. Laut EHB-Angaben werden die polizeilichen Vernehmungen fortgesetzt.
Unter den Verdächtigen befinden sich neben der Ko-Vorsitzenden der ESP, Hatice Deniz Aktaş sowie weiteren Parteimitgliedern auch Aktive und Handelnde der ESP-Jugendbewegung SGDF, dem Sozialistischen Frauenrat SKM sowie der Kulturstiftung BEKSAV. Bei einigen handelt es sich um die SKM-Sprecherin Tanya Kara, die SGDF-Vorsitzende Berfin Polat und die Journalistin Züleyha Müldür, die als Korrespondentin für die ESP-nahe Nachrichtenagentur ETHA arbeitet.