Die Polizei in der westtürkischen Metropole Istanbul hat eine Protestkundgebung gegen den Dreifachmord von Paris aufgelöst und Festnahmen durchgeführt. Insgesamt vierzehn Personen wurden mit Verweis auf ein von den örtlichen Verwaltungsbehörden verhängtes Demonstrationsverbot in Gewahrsam genommen und abgeführt. Auf der Wache wurden Anzeigen gefertigt, die Betroffenen sind wieder frei.
Aufgerufen zu der Kundgebung vor der französischen Botschaft auf der Einkaufsmeile Istiklal hatte ein Bündnis verschiedener Kultureinrichtungen, darunter das Navenda Çanda Mezopotamya (Kulturzentrum Mesopotamien), die Stiftung für Wissenschaft, Bildung, Ästhetik, Kultur und Kunst (BEKSAV), das Kunstzentrum Gölge sowie die Kulturkommission des HDK (Demokratischer Kongress der Völker). Unterstützung gab es von verschiedenen politischen und weiteren zivilgesellschaftlichen Gruppen. Sie wollten damit an Emine Kara, M. Şirin Aydın und Abdurrahman Kızıl erinnern. Die drei Kurd:innen waren am Freitag von einem Franzosen in Paris erschossen worden.
Die Istanbuler Polizei war mit einem Großaufgebot vor dem Botschaftsgelände im Einsatz und kesselte die Menschenmenge ein, noch bevor eine erste Rede gehalten werden konnte. Mit auf dem Rücken gefesselten Händen wurden die Festgenommenen von dem Platz im Zentrum der Bosporus-Metropole gezerrt und in einen Gefangenentransporter gedrückt. Der HDP-Abgeordnete Musa Piroğlu, der sich an der Zusammenkunft beteiligte, protestierte gegen das polizeiliche Vorgehen. Der Politiker bezeichnete das Versammlungsverbot als „vollkommen willkürlich“, das unnötig harte Durchgreifen der Sicherheitskräfte spiegele den Hass der Herrschenden gegen das Volk wider.
„Mitten in Paris werden zum zweiten Mal binnen zehn Jahren drei kurdischstämmige Menschen ermordet, aber die türkische Polizei will uns tatsächlich verbieten, dagegen zu protestieren“, zeigte sich Piroğlu empört. Das Regime in Ankara könne sich ohnehin nur durch die „Unterdrückung oppositioneller Stimmen” über Wasser halten, daher verwundere diese Störung nicht, so der pensionierte Geschichtslehrer. „Wir kennen die Mentalität der Herrschenden, genauso wie uns die Denkweise der Mörder nur allzu gut bekannt ist. Es wird die Zeit kommen, an der wir uns mit ihnen auseinandersetzen werden. Wir fordern Frankreich auf, dies gleichermaßen zu tun und sich der Aufarbeitung der Verbrechen an Kurdinnen und Kurden nicht länger zu entziehen. Solange keine Gerechtigkeit herrscht, werden die Massaker nicht enden.“