Gedenkmarsch für die Toten von Paris

In Paris gedachten zahlreiche Menschen der Opfer des Anschlags in der Rue d'Enghien. „Wir fordern die Wahrheit“, sagte eine Sprecherin des Dachverbands CDK-F und mahnte, Gerechtigkeit dürfe nicht erneut politischen Interessen geopfert werden.

In Paris haben am Montagmittag einige tausend Menschen an einem Marsch zum Gedenken an Emine Kara, M. Şirin Aydın und Abdurrahman Kızıl teilgenommen. Die drei Kurd:innen waren am vergangenen Freitag in der Nähe eines kurdischen Kulturzentrums im Zentrum der französischen Hauptstadt von einem Angreifer erschossen worden, weitere drei Menschen wurden verletzt. Der Mann soll im Laufe des Tages einem Haftrichter vorgeführt werden.

Zu dem Gedenkmarsch für Emine Kara, die den nom de guerre Evîn Goyî trug, M. Şirin Aydın, der unter seinem Künstlernamen Mîr Perwer bekannt war, und den Patrioten Abdurrahman „Apo“ Kızıl hatte der Dachverband „Demokratischer Kurdischer Rat in Frankreich“ (CDK-F) aufgerufen. „Damit wollen wir einerseits der Opfer würdevoll gedenken und andererseits die Straflosigkeit für politische Attentate an Kurdinnen und Kurden beenden“, sagte eine Sprecherin.


Die Zusammenkunft begann um 12 Uhr am Tatort, dem Gemeindezentrum „Centre Culturel De Kurde Paris Ahmet Kaya“ in der Rue d'Enghien im zehnten Pariser Arrondissement. An einigen Stellen auf dem Bürgersteig waren Kerzen und Blumen niedergelegt worden, auch Fotos der Opfer des Anschlags wurden aufgestellt. Nach einer Schweigeminute zog die Menge in einer Prozession in die rund ein Kilometer entfernte Rue La Fayette Nummer 147. In dem Gebäude befindet sich das Kurdistan-Informationszentrum, in dem am 9. Januar 2013 die kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız (Sara), Fidan Doğan (Rojbîn) und Leyla Şaylemez (Ronahî) von einem Attentäter des türkischen Geheimdienstes erschossen worden waren. Obwohl zehn Jahre seit dem ersten „Massaker von Paris“ vergangen sind, ist bis heute niemand für die Morde zur Rechenschaft gezogen worden. Ein Staatsgeheimnis blockiert die Aufklärung.

Der Gedenkmarsch glich einem lilafarbenen Fahnenmeer. Viele Menschen hatten die violetten Flaggen mit den Konterfeis von Sara, Rojbîn und Ronahî mitgebracht. An der Spitze der Demonstration trugen Angehörige der kurdischen Community Fotos der Opfer beider Pariser Massaker. Hinter ihnen liefen Mitglieder der kurdischen Kulturbewegung Tev-Çand, der auch Mîr Perwer angehört hatte. Einige von ihnen trugen eine Tembûr in der Hand und streckten sie immer wieder in Richtung Himmel. Die Langhalslaute war auch das Hauptinstrument von Mîr Perwer.

„Die Gefallenen sind unsterblich“, „Femme, Vie, Liberté“ (Frau, Leben, Freiheit) und „Wahrheit und Gerechtigkeit“, wurde zwischendurch gerufen. Die Sprecherin des CDK-F hielt eine Rede, in der sie die Wut und Trauer innerhalb der kurdischen Gemeinde angesichts der Morde an ihren Mitgliedern deutlich machte. „Wir fordern Gerechtigkeit“, sagte die Aktivistin. Sie betonte, der Dreifachmord von Freitag hätte verhindert werden können, wenn das Massaker von 2013 aufgeklärt und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen worden wären. „Wir verurteilen diese Ignoranz gegenüber dem Recht auf Gerechtigkeit und Wahrheit. Als kurdische Gemeinschaft fordern wir Frankreich auf, große Anstrengungen zu unternehmen, beide Pariser Massaker umfassend aufzuklären und alle Täter zu bestrafen, um damit den Opfern Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Die Gerechtigkeit darf nicht erneut politischen Interessen geopfert werden.“