Als 14-Jährige vom IS verschleppt
Der IS überfiel am 3. August 2014 die ezidische Şengal-Region und begann einen Genozid an der Bevölkerung. Die schwer bewaffneten PDK-Truppen hatten sich vor dem vorrückenden IS zurückgezogen und Region und Menschen dem dschihadistischen Terror kampflos überlassen. Während insbesondere Männer systematisch ermordet wurden, wurden Frauen und Kinder verschleppt und in die Sklaverei verkauft. Viele wurden über die mit dem IS eng verbundene Türkei in die ganze Welt verkauft. Tausende sind weiterhin verschwunden.
2021 vom IS gezwungen, in die Türkei zu gehen
Eine dieser Verschleppten und Verkauften war Asya. Sie war 14 Jahre alt, als sie in die Hände des IS fiel. Die heute 24-Jährige wurde zusammen mit ihren Brüdern vom IS überfallen. Ihre Brüder wurden sofort ermordet. Sie wurde verschleppt und zunächst nach Syrien gebracht und mit einem IS-Söldner zwangsverheiratet. Sie wurde in dieser Zeit systematisch vergewaltigt und bekam mit 15 Jahren ihr erstes Kind. 2019 brachte sie ihr zweites Kind zur Welt. 2021 wurde ihr Peiniger bei einer Operation der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) getötet. Asya wurde gemeinsam mit anderen Frauen von IS-Söldnern gezwungen, in die Türkei zu gehen und lebte unter verschiedenen Identitäten im nordkurdischen Riha (tr. Urfa). Auch dort ging ihr Martyrium weiter. Sie war gezwungen, zusammen mit IS-Söldnern in einem Haus in Eyyübiye in Riha zu leben.
Im Sommer dieses Jahres wurde Asyas vorübergehender Schutzstatus aufgehoben und sie wurde mit ihren beiden Kindern in das Rückführungszentrum Urfa gebracht. Sie konnte immer wieder Hilferufe an ihren zunächst in Australien lebenden Vater absetzen, konnte aber keinen dauerhaften Kontakt aufbauen. Der Kontakt konnte aber schließlich über den Menschenrechtsverein IHD hergestellt werden.
Mustafa Vefa vom Menschenrechtsverein IHD © Mezopotamya Ajansı (MA)
IS-Gefangenschaft in der Türkei
Mustafa Vefa vom Menschenrechtsverein IHD berichtete über Asyas Situation: „Vor drei Jahren erfuhren wir, dass ezidische Frauen und Mädchen in Eyyübiye festgehalten werden. 2021 war Asya mit vielen anderen Frauen über die Grenze gekommen. Diese Menschen werden zunächst einer Anhörung unterzogen. Dann werden sie unter falschem Namen registriert. Sie war zwischen 2021 und 2024 dort. Als sie ankam, konnte sie kurzzeitig ihren Vater kontaktieren, aber keine dauerhafte Kommunikation herstellen. Asyas vorübergehender Schutzstatus wurde im Sommer dieses Jahres aufgehoben. Sie und ihre beiden Kinder wurden in das Abschiebezentrum Urfa gebracht. Später hatte sie die Möglichkeit, dort zu telefonieren und ihren Vater wieder zu erreichen. Daraufhin nahm der Vater Kontakt zu uns auf, und so wurden wir in den Prozess einbezogen.“
Kinder dürfen nicht in den Irak einreisen
Vefa erklärte, Asya wolle mit ihrem Vater nach Şengal zurückkehren, und sagte, Asya und ihr Vater könnten jederzeit von der Türkei in den Irak reisen, aber ihre durch Vergewaltigung gezeugten beiden Kinder, werden nicht in den Irak gelassen. „Für Asya ist es kein Problem, in den Irak zu gehen, aber die Kinder dürfen nicht einreisen“, führte Vefa aus. „Die Situation der Kinder muss geklärt werden, da sie weder syrische noch irakische Staatsbürger sind. Unsere Hauptforderung ist, Asya aus dem Abschiebezentrum zu holen und sie bis zum Abschluss des Verfahrens mit ihrem Vater zusammenzubringen. Wir wissen nicht, ob sich IS-Mitglieder in der Notunterkunft befinden. Asya muss dringend behandelt werden. Sie leidet unter einem sehr tiefgehenden Trauma. Eine weitere Forderung von uns ist, die irakische Regierung zu kontaktieren und einen produktiven Prozess in Gang zu setzen, um sie nach Şengal zu bringen. Das muss umgehend geschehen.“
„Asya ist kein Einzelfall“
Der Menschenrechtler wies darauf hin, dass die Situation von Asya kein Einzelfall sei. Viele Frauen und Mädchen befänden sich in der Türkei in IS-Gefangenschaft, es gäbe dazu aber nicht die notwendigen Ermittlungen. Vefa erklärte: „Es wurde nicht einmal richtig übersetzt, um wen es sich handelte, wohin sie gebracht wurden und wie lange sie in IS-Gefangenschaft waren. Die Kinder wurden in der Türkei auf der Grundlage der von den IS-Mitgliedern angegebenen Informationen registriert. An der Grenze, wurden viele von ihnen zwar wegen des Verdachts auf IS-Mitgliedschaft festgenommen, aber dann nach oberflächlichen Ermittlungen unter vorübergehenden Schutz gestellt und nach Riha entlassen. Unter den Personen, die vorübergehenden Schutz erhalten haben, befinden sich auch weibliche IS-Militante.“