IPPNW: NATO unterstützt den Krieg in Kurdistan

Wer von Russland fordert, das Völkerrecht in vollem Umfang einzuhalten, darf auch zu den völkerrechtswidrigen Angriffen des NATO-Partners Türkei im Nordirak nicht schweigen, kritisiert die IPPNW in einer Stellungnahme zum NATO-Konzept.

Die internationale Ärzteorganisation IPPNW hat eine Stellungnahme zum strategischen Konzept der NATO abgegeben und stellt darin fest: „Abschreckung, Rivalität und Aufrüstung lösen keine Konflikte!“. Die Ärzt:innen zur Verhütung des Atomkriegs kritisieren die in Madrid angekündigte Aufrüstung, die Aufstockung der Truppen, die verschärfte Rhetorik und die Drohungen im neuen strategischen Konzept der NATO. Sie fordern stattdessen konkrete Vorschläge für eine europäische Friedens- und Sicherheitsarchitektur.

NATO gegen Kurd:innen

„Wer von Russland fordert, das Völkerrecht in vollem Umfang einzuhalten, darf auch zu den völkerrechtswidrigen Angriffen des NATO-Partners Türkei im Nordirak nicht schweigen“, erklärt die Organisation. Die IPPNW sei zudem „erschüttert, dass Schweden und Finnland als Preis für die Aufgabe des türkischen Widerstands gegen einen NATO-Beitritt der Länder einer Auslieferung von Kurd:innen und Türk:innen zugestimmt haben, die in ihren Ländern Zuflucht gefunden haben. Zudem haben Finnland und Schweden zugesagt, ihre Waffenexportverbote in die Türkei aufzuheben. Damit unterstützt die NATO in Zukunft den völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Kurd:innen.“

In diesem Zusammenhang verweist die IPPNW auf das wissenschaftliche Gutachten des Bundestages zu völkerrechtliche Implikationen der türkischen Militäroffensive.

Der Ansatz der Abschreckung ist gescheitert“

Zum NATO-Konzept erklärt die IPPNW, dass Russland einseitig für die Erosion der Sicherheitsarchitektur verantwortlich gemacht werde, obwohl wichtige Rüstungskontrollverträge von den USA aufgekündigt wurden. „Mit einer dauerhaften Stationierung von 300.000 statt 40.000 Soldat:innen im Rahmen der sogenannten ,schnellen Eingreiftruppe' verletzt die Allianz die NATO-Russland-Grundakte. In der Vereinbarung von 1997 hatte das Bündnis zugesichert, von der dauerhaften Stationierung größerer Truppenverbände auf dem Gebiet des früheren Warschauer Pakts abzusehen.“ Die Ärzt:innen bedauern, dass Abrüstung und Rüstungskontrolle im NATO-Konzept in die zweite Reihe rücken und in das Konzept von Abschreckung und Verteidigung eingebettet wurden, statt wie im früheren Konzept einen höheren Stellenwert einzunehmen.

IPPNW fordert eine Friedenspolitik, die auf globale Partnerschaft und Kooperation gerichtet ist, statt auf Konkurrenz, Rivalität und Abschreckung, die langfristig keine Sicherheit bringen und kurzfristig den Krieg in der Ukraine nicht beenden wird. Nur so können die multiplen globalen Krisen wie Klimakatastrophe, Pandemie, Hunger und Elend bekämpft werden, so die IPPNW.

Die NATO bekenne sich in dem Konzept verstärkt zur nuklearen Abschreckung und drohe im Falle eines Angriffs dem Gegner „inakzeptable Kosten” aufzuerlegen. Die IPPNW verurteilt jegliche Drohung mit Atomwaffen – wie die Vertragsstaaten des Atomwaffenverbotsvertrags in ihrer Schlusserklärung der ersten Staatenkonferenz letzte Woche in Wien. Die 86 Unterzeichnerstaaten machten deutlich, dass die Mehrheit der Staaten der Welt den Besitz von und die Drohung mit Atomwaffen nicht länger tolerieren will.

„Der Ansatz der Abschreckung ist gescheitert. Die Erhöhung der Rüstungsausgaben der NATO mit mehr als 50 Prozent der weltweiten Rüstungsausgaben hat den Ukrainekrieg nicht verhindern können. Aufrüstung löst keine Probleme - im Gegenteil: Sie verschärft internationale Spannungen und soziale Ungleichheit“, erklärte die IPPNW-Vorsitzende Angelika Claußen: „Wir brauchen eine Friedenspolitik, die die Sicherheitsinteressen aller Staaten, auch die Russlands respektiert.“


Foto: Demonstration gegen den NATO-Gipfel in Madrid