Internationale Rechtsorganisationen fordern eine Untersuchung der Berichte über Chemiewaffeneinsätze durch die türkische Armee im Nordirak und die Beendigung der Repression gegen Personen, die sich in der Türkei zu diesem Thema äußern.
In der heute von zehn Rechtsorganisationen aus verschiedenen Ländern veröffentlichten Erklärung heißt es:
Wir sind besorgt über Berichte, wonach im Nordirak Tränengasgranaten eingesetzt worden sind. Obwohl Tränengas nicht in der Liste der verbotenen Chemikalien in den Anhängen des Chemiewaffenübereinkommens (CWÜ) aufgeführt ist, wird die Auffassung, dass vom Militär eingesetzte Tränengasgranaten unter das Chemiewaffenübereinkommen fallen, durch Artikel II Nr. 1, 2 und 5 des CWÜ gestützt.
Allerdings hängt es auch von den Umständen ab, ob der Einsatz von Tränengasgranaten durch das Militär gegen das Chemiewaffenübereinkommen verstößt und als Kriegsverbrechen nach Artikel 8 des Römischen Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs eingestuft werden kann. Da der türkische Verteidigungsminister Presseberichten zufolge den Einsatz von Tränengas durch das türkische Militär im Nordirak nicht bestreitet, kann nur eine unabhängige Untersuchung klären, ob der Einsatz von Tränengas gegen internationale Verträge verstößt, die die Türkei ratifiziert hat. Die Türkei ist Vertragsstaat des CWÜ, nicht aber des Römischen Statuts.
Repression in der Türkei
Es ist daher nicht überraschend, dass die Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung des Tränengaseinsatzes im Nordirak von verschiedenen Organisationen und Persönlichkeiten erhoben wurde. Überraschend ist hingegen, dass in mehreren Fällen mit der Einleitung von Ermittlungsverfahren gegen die Beteiligten reagiert wurde.
Hetzkampagne gegen Rechtsanwältin
Während der Generalversammlung der Anwaltskammer von Izmir wurde das Vorstandsmitglied des Vereins „Jurist:innen für die Freiheit" (ÖHD), die Rechtsanwältin Aryen Turan, über verschiedene Medienkanäle, einschließlich der sozialen Medien, bedroht, weil sie in ihrer Rede eine Untersuchung des Einsatzes von Chemikalien gefordert hatte. Sie wurde in Gewahrsam genommen und später mit einem Ausreiseverbot entlassen.
Elf Journalist:innen festgenommen
Am Morgen des 25. Oktober wurden elf Journalist:innen bei Razzien in ihren Wohnungen und an ihren Arbeitsplätzen festgenommen, nachdem sie über verschiedene Erkenntnisse und Aussagen über den Einsatz von Chemikalien durch türkische Stellen auf dem Gebiet der Regionalregierung von Kurdistan berichtet hatten. Die Staatsanwaltschaft Ankara veröffentlichte Filmaufnahmen, auf denen zu sehen ist, wie die Journalistin Berivan Altan und der Journalist Deniz Nazlım mit Handschellen auf dem Rücken abgeführt werden.
Vorsitzende der Ärztekammer verhaftet
Nach diesen Vorfällen wurde Prof. Dr. Şebnem Korur Fincancı, Vorsitzende der türkischen Ärztekammer, die als Gerichtsmedizinerin in der Türkei in einem Fernsehsender eine Untersuchung des Einsatzes von Chemikalien forderte, zunächst von staatlichen Stellen ins Visier genommen und dann in den sozialen Medien zahlreichen Beleidigungen ausgesetzt, und schließlich wurde ihre Wohnung durchsucht und sie am Morgen des 26. Oktober festgenommen. Nach der Voruntersuchung wurde sie verhaftet.
Forderungen an die OPCW-Mitgliedstaaten
Die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) ist das Durchführungsorgan des Chemiewaffenübereinkommens. Ein erster Schritt sollte daher eine förmliche Untersuchung durch die OPCW sein, die einen Antrag eines OPCW-Mitgliedstaates voraussetzt.
Wir fordern daher die OPCW-Mitgliedsstaaten auf,
- den Weg für eine unabhängige Untersuchung durch die OPCW freizumachen
- eine Untersuchung zu verlangen, indem sie den Sondermechanismus des UN-Generalsekretärs zur Untersuchung mutmaßlicher Einsätze biologischer oder chemischer Waffen nutzen.
Forderungen an die türkische Regierung
Wir fordern die türkische Regierung auf,
- ihr hartes Vorgehen gegen zivilgesellschaftliche Organisationen, Journalist:innen und Menschenrechtsverteidiger:innen, die eine solche Untersuchung fordern, zu beenden.
- die Journalist:innen und Prof. Dr. Şebnem Korur Fincancı unverzüglich freizulassen.
Unterzeichnende Rechtsorganisationen
Die Erklärung wurde von folgenden Rechtsorganisationen unterzeichnet:
Asociación Americana de Juristas, (AAJ)
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Association for Democracy and International Law, (MAF‐DAD)
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Association of Lawyers for Freedom, (ÖHD)
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European Association of Lawyers for Democracy and World Human Rights, (ELDH)
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European Democratic Lawyers, (AED)
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Giuristi Democratici - National Association of Democratic Jurists. Italy, (GD)
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Lawyers Right Watch Canada, (LRWC)
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National Union of People’s Lawyers (NULP), Philippines
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Progressive Lawyers’ Association, (ÇHD)
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The Center of Research and Elaboration on Democracy / Legal International Intervention Group (CRED, GİGİ)