IHD fordert Aufklärung des Pogroms in Ankara

Der Menschenrechtsverein IHD fordert eine lückenlose Aufklärung des pogromartigen Überfalls auf geflüchtete Menschen aus Syrien in Ankara. Auf den Straßen im Bezirk Altındağ herrscht angespannte Stille, viele Syrer haben das Viertel verlassen.

Der Menschenrechtsverein IHD fordert die Aufklärung des pogromartigen Überfalls auf geflüchtete Menschen aus Syrien im Bezirk Altındağ in Ankara. Am Mittwochabend ist eine offenbar organisierte Menschenmenge durch das überwiegend von Syrer:innen bewohnte Viertel gezogen und hat Scheiben eingeworfen, Geschäfte geplündert und Autos angezündet. Mindestens ein Kind wurde verletzt. Die Polizei griff nicht ein, sondern eskortierte den Lynchmob. Erst im Nachhinein kam es zu Festnahmen.

Der IHD teilt zu dem Angriff mit: „Die Angreifer haben in Vierteln, in denen viele Menschen aus Syrien leben, Wohnhäuser mit Steinen beworfen, Autos angezündet, Schaufensterscheiben zerstört und Gegenstände auf die Straße getragen und in Brand gesetzt. Bei diesen Angriffen sind mehrere Schutzsuchende verletzt worden und mussten das Grauen eines Pogroms erleben. In der Nacht der Angriffe haben die Sicherheitskräfte nicht die notwendigen Maßnahmen getroffen. Die Menschenmenge ist nicht auseinander getrieben worden und es wurde unter polizeilicher Aufsicht jede Form der Ausschreitung zugelassen.“

Beobachtungen des IHD vor Ort

IHD-Mitglieder sind in die angegriffenen Wohnviertel gefahren, um sich vor Ort ein Bild zu machen. In der Erklärung des Menschenrechtsvereins heißt es: „Es wurde festgestellt, dass insbesondere in den von den Angriffen betroffenen Straßen ein Teil der Schutzsuchenden evakuiert worden ist. Ein anderer Teil hat sich vor Angst in die Wohnungen zurückgezogen und wartet ab. Auf den Straßen herrscht eine angespannte Stille. Geschäfte und Wohnungen sind beschädigt worden. Einige der beschädigten Läden sind mit Planen abgedeckt, andere sind sehr stark zerstört. Zum Schutz vor weiteren Angriffen sind an einigen Wohnungen Fahnen gehisst worden, auch an Geschäften wurden Personen gesehen, die Fahnen aufgehängt haben.“ Die Polizei hat auf den Straßen Barrikaden errichtet und ist mit großer Präsenz vor Ort.

Rassistischer Diskurs muss beendet werden

Der IHD führt den Massenangriff in Altındağ auf die zunehmende Feindlichkeit geflüchteten Menschen gegenüber zurück und erklärt: „Bei Flüchtlingen, Schutzsuchenden und Migranten handelt es sich um Menschen, die vor Kriegen, Armut und lebensbedrohlichen Gefahren fliehen und ihren Aufenthaltsort verlassen müssen, um zu überleben. Sie werden als Arbeitskräfte ausgebeutet und dazu gezwungen, an Orten mit sehr schlechten Bedingungen zu leben. Ihre Rechte werden verletzt, sie erfahren Gewalt und sie verlieren ihr Leben. Die Politik ist dazu verpflichtet, ihren instrumentalisierenden, rassistischen und ausgrenzenden Diskurs zu beenden und als ersten Schritt für die Lebenssicherheit dieser Menschen zu sorgen. Weiterhin müssen menschenwürdige Lebensbedingungen geschaffen und eine humanitäre Migrations- und Fluchtpolitik entwickelt werden.“

Der Menschenrechtsverein fordert juristische und administrative Ermittlungen sowohl gegen die Angreifer als auch gegen diejenigen, die mit ihrem Hassdiskurs Verantwortung für die rassistischen Ausschreitungen tragen. Darüber hinaus werden Schutzmaßnahmen, eine sofortige Versorgung sowie eine Entschädigung der Betroffenen gefordert.