Ein türkisches Gericht in der nordkurdischen Provinz Wan (Van) hat Untersuchungshaft gegen den Politiker Yunus Durdu angeordnet. Ihm wird „Mitgliedschaft in einer verbotenen Organisation“ vorgeworfen. Durdu ist Mitglied im Parteirat der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und wurde am vergangenen Freitag in Wan aus dem Fahrzeug des HDP-Abgeordneten Murat Sarısaç von Polizisten in Zivil verschleppt. Seitdem befand er sich in Gewahrsam.

Kurz nach der gewaltsamen Entführung Durdus erschien in der staatlichen Nachrichtenagentur AA eine Meldung, dass ein gesuchter Terrorist im Auto eines HDP-Abgeordneten gefasst worden sei. Durdu arbeitete gemeinsam mit Murat Sarısaç an der Vorbereitung des am kommenden Wochenende stattfindenden Parteikongresses. Zu diesem Zweck ist er wiederholt öffentlich aufgetreten. Die HDP geht davon aus, dass mit der AA-Meldung versucht wird, die illegale Observation und Festnahme zu legitimieren. Durdu wurde nach der richterlichen Vernehmung in das T-Typ-Gefängnis in Wan überstellt.

Terrorverfahren gegen Sarısaç

Auch gegen Murat Sarısaç wird ermittelt. Die Generalstaatsanwaltschaft von Van wirft dem Parlamentarier vor, „Handlanger“ einer „terroristischen Vereinigung“ zu sein, gegen die Antiterrorgesetzgebung verstoßen und Staatsbedienstete beleidigt zu haben. Die amtliche Nachrichtenagentur AA titelte bereits: „Verfahren gegen HDP-Abgeordneten, der PKK-Terroristen in seiner Wohnung versteckt.“

Hintergrund des Verfahrens ist die Öffentlichmachung der Observation des Abgeordneten. Über mehrere Tage wurde Sarısaç in Wan von Zivilpolizisten mit einem Auto ohne Fahrzeugkennzeichen verfolgt. Am Freitag filmte Sarısaç das vor seinem Wohnblock stehende Auto und fragte die darin sitzenden Personen, wer sie seien und zu welchem Zweck sie ihn verfolgten. Die Polizisten bedeckten zunächst ihre Gesichter und gerieten in Panik. Etwas später erhielten sie offenbar einen Befehl und schnitten dem Fahrzeug von Sarısaç den Weg ab. Anschließend verschleppten sie seinen Beifahrer Yunus Durdu.