HDP-Abgeordnete: Aufstehen gegen die Imrali-Isolation

HDP-Abgeordnete erklärten auf ihrer täglichen Mahnwache in Ankara: „Die Isolation auf Imrali betrifft uns alle. Wir müssen alle gemeinsam dagegen aufstehen.“

Die von Abgeordneten der Demokratischen Partei der Völker (HDP) gestartete „Mahnwache für Gerechtigkeit“ gegen die Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalan dauert bereits 24 Tage an. Am Dienstag nahmen die Abgeordneten Şevin Coşkun, Gülistan Kılıç Koçyiğit, Murat Sarısaç, Kemal Peköz, Murat Çepni, Hasan Özgüneş, Nusrettin Maçin, Imam Taşçıer, Ali Kenanoğlu, Erdal Aydeniz, Muazzez Orhan, Dilşat Canbaz Kaya, Züleyha Gülüm und Celadet Gaydalı an der Aktion teil. Die Abgeordneten versammeln sich täglich vor dem Parlament in Ankara mit Plakaten mit Aufschriften wie „Das Recht muss auch auf Imrali gelten“ und „Isolation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, um gegen die Isolation zu protestieren.

Die HDP-Abgeordnete Dilşat Canbaz Kaya erklärte: „Wir sind seit 24 Tagen auf dieser Mahnwache. Warum? Das wollen wir erklären. Wir alle wissen, dass die Menschenrechte und Freiheiten nicht nach politischen Gesichtspunkten angewandt werden dürfen. Menschenrechte und Freiheiten gelten nicht unterschiedlich, je nach Perspektive und Haltung. Sie gelten für alle gleich. Aber leider ist dies in dem Land, in dem wir leben, wie wir alle wissen, nicht der Fall. Wir sind heute hier, weil Abdullah Öcalan seit zwei Jahren weder seine Familie noch seinen Rechtsbeistand sehen kann.

Wir wollen heute von der Verfassung, der Demokratisierung des Landes und von Freiheit sprechen. Die Regierung benutzt diese Worte jedes Mal, wenn sie den Mund aufmacht, aber aus irgendeinem Grund werden die Verfassung und die Menschenrechte nur auf bestimmte Personen angewandt. Wir alle wissen um die Isolation in den Gefängnissen von heute. Aber während alle Gefangenen mit ihren Familienangehörigen und Anwält:innen telefonieren können, ist die Situation auf Imrali eine andere. Herr Öcalan befindet sich dort unter Totalisolation. Wir müssen uns als ganze Gesellschaft gegen diese Abschottung aussprechen. Die absolute Isolation herrscht nicht nur auf Imrali, sie wirkt sich auf die gesamte Gesellschaft aus.

In den Gefängnissen gibt es über 605 schwerkranke Gefangene, die ohne Behandlung sich selbst überlassen sind. Es gibt Gefangene, deren Freilassung verhindert wird. Es gibt in diesem Land Gefangene, die bei Verlegungen einer Nacktdurchsuchung unterzogen werden. Von hier aus gesehen scheint alles ganz normal zu wirken, aber in allen Gefängnissen der Türkei und Kurdistans herrschen schwere Isolationsbedingungen. Die Isolation betrifft nicht nur die Gefängnisse, sondern die gesamte Gesellschaft, die Frauen, den Zugang zu Rechten und die Grundfreiheiten. Schon bei der kleinsten Presseerklärung, die wir abgeben, werden wir mit einem Polizeikessel und Absperrungen konfrontiert. Auch die Forderungen der alevitischen Bevölkerung nach gleichen Bürgerrechten werden blockiert. Jede Kundgebung wird durch einen Polizeikessel zusammengedrängt und isoliert. Wenn Frauen für ihre eigenen Freiheiten, Rechte und Forderungen demonstrieren, werden sie durch die Polizei abgedrängt. Junge Menschen befinden sich in der gleichen Situation, Arbeiterinnen und Arbeiter werden unter Druck gesetzt und durch Angriffe auf die Gewerkschaften isoliert. Von diesem Punkt aus sehen wir, dass das Land in ein offenes Gefängnis verwandelt wurde und isoliert ist. Frauen, Jugendliche, Alevit:innen, Gläubige, Kurd:innen, ja die ganze Gesellschaft ist isoliert. Wir wissen, wo der Weg entlangführt, um dies zu durchbrechen. Darüber zu schweigen, bedeutet, die gesamte Gesellschaft zur Isolation zu verurteilen.

Alle müssen aufstehen“

Dies ist genau die Situation, die die AKP/MHP-Regierung geschaffen hat. Jedes Mal, wenn wir den Mund aufmachen, werden wir kriminalisiert, alle werden zu Terroristen erklärt. Frauen werden vor Gericht gestellt, weil sie ihre Forderungen geäußert haben. Heute stehen in diesem Land Wissenschaftler:innen und Jurist:innen vor Gericht. Als HDP-Fraktion, als Frauen, rufen wir die Frauen, die Alevit:innen, die Jugendlichen, die Arbeiter:innen, alle unterdrückten Werktätigen auf, sich gegen die Isolation auf Imrali auszusprechen und zu protestieren, und wir rufen die gesamte Gesellschaft auf, dagegen aufzustehen. Denn diese Isolation wird uns allen auferlegt und hat das ganze Land erfasst. Wir wiederholen unsere Forderungen: Wir fordern erneut, dass Herr Öcalan seine Angehörigen und seine Anwältinnen und Anwälte sehen kann.“