„Hands off Kobanê“ an Frankfurter Katharinenkirche

„Hands off Kobanê“ war auf einem 15 Meter langen Transparent zu lesen, das vom Bündnis „Defend Kurdistan“ an der Frankfurter Katharinenkirche angebracht wurde. Die Aktion reiht sich in eine Serie von Protesten gegen die türkischen Angriffe auf Rojava.

Hände weg von Kobanê

Das Bündnis „Defend Kurdistan“ hat an der Katharinenkirche in Frankfurt am Main ein 15 Meter langes Transparent mit dem Schriftzug „Hands off Kobanê“ (Hände weg von Kobanê) und „Frieden für die Völker Syriens“ angebracht. Mit der Aktion protestiert die Organisation gegen die andauernden Angriffe der Türkei und der pro-türkischen Dschihadistenallianz SNA gegen Rojava beziehungsweise die Demokratische Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien (DAANES), erklärte Bündnissprecher Armin Ohl.

Bundesregierung billigt Aufrüstung von islamistischen Söldnern

Seit dem Sturz des Assad-Regimes in Syrien durch die islamistische Miliz Hayat Tahrir al-Sham (HTS) verschärft sich die Lage im Norden und Osten des Landes zunehmend. Die Autonomieregion wird seit Wochen von der in Ankara gesteuerten Söldnerarmee SNA brutal angegriffen, nach der Besetzung von Tel Rifat und Minbic wird nun auch Kobanê anvisiert. Die Türkei unterstützt ihre Dschihadisten nicht nur logistisch und finanziell, sondern auch mit Angriffen aus der Luft. Defend Kurdistan prangert in diesem Zusammenhang auch die deutschen Rüstungsexporte an die Türkei an, die ihren höchsten Stand seit 2006 erreicht hätten. „Damit unterstützt die Bundesregierung den völkerrechtswidrigen Krieg der Türkei in Nord- und Ostsyrien und billigt die Aufrüstung von islamistischen Söldnern.“

Wasser als Kriegswaffe gegen Rojava

Derweil verschlechtere sich in der DAANES, wo seit 2014 „ein einzigartiges demokratisches, multiethnisches und multireligiöses Gesellschaftssystem aufgebaut wird“, die humanitäre Situation rasant. In den letzten Jahren hat die Türkei durch ihre Drohnen, Artilleriebeschuss und Kampfjets weite Teile der Energie-Infrastruktur, darunter Elektrizitätswerke, Ölfelder und Getreidelager, gezielt zerstört, um Rojava zu destabilisieren. „Und seit 2017 kontrolliert die Türkei die Wasserzufuhr in die Region, reduziert den Zugang zum Wasser und setzt damit Wasser wortwörtlich als Kriegswaffe ein. Dadurch werden die Menschen, die ohnehin unter widrigen Bedingungen für ein selbstbestimmtes Leben kämpfen, tiefer in die Prekarität und humanitäre Notlage getrieben“, betonte Defend Kurdistan.

„Die Machtübernahme der HTS in Damaskus hat eine berechtigte Sorge vor islamistischer Gewalt ausgelöst; die Angriffe der SNA bewirkten eine Fluchtbewegung, die mehr als 120.000 Kurd:innen sowie Angehörige anderer ethnischer und religiöser Minderheiten aus ihren Herkunftsgebieten vertrieben haben. Für die Geflüchteten wurden Erstaufnahmezentren in den Städten Tabqa und Raqqa errichtet. Der Kurdische Rote Halbmond und die DAANES appellieren um Unterstützung, um die aufgenommenen Geflüchteten versorgen zu können. Es fehlt der Region an materiellen Mitteln, um Nothilfe leisten zu können. Doch trotz dieser humanitären Krise finden weiter militärische Boden- und Luftangriffe statt“, kritisierte Defend Kurdistan.

Türkei will keinen Frieden in Syrien

Dabei habe der Generalkommandant der Demokratischen Kräfte Syriens (QSD), Mazlum Abdi, offen seine Gesprächsbereitschaft mit HTS, SNA und der Türkei signalisiert, um Stabilität in der Region zu erreichen. Zudem habe er mehrfach betont, dass die Wahrung der Integrität Syriens im Interesse der DAANES stehe und sie an einem demokratischen Wideraufbau des Landes, unter der Beteiligung und Repräsentation aller ethnischen und religiösen Gemeinschaften interessiert seien. „Doch die Türkei zeigt sich nicht kooperativ und möchte ihren Vernichtungsfeldzug intensivieren. Es wird zurzeit von einer Aufrüstung der militärischen Einheiten rund um die Grenze zur Türkei berichtet. In der Stadt Kobanê bereiten sich die Menschen seit Tagen auf eine Offensive der Türkei und der verbündeten SNA-Miliz vor. Die ersten Familien haben aufgrund der akuten Bedrohung Kobanê verlassen.“

Erneute Besetzung Kobanês droht

Kobanê ist jene Stadt in Rojava, in der die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) im Januar 2015 ihre erste, aber vor allem entscheidende Niederlage erlitt. Dafür brachte Nord- und Ostsyrien tausende Opfer – auch für den Westen. „Nun droht dieses Symbol im Kampf gegen den islamistischen Terror durch die Türkei und ihre Dschihadisten eingenommen zu werden; mit voller Unterstützung der Bundesregierung. Erst vor drei Tagen hatte sich Außenministerin Annalena Baerbock ganz im Sinne von Erdogan geäußert, als sie forderte, die kurdischen Kräfte sollten ihre Waffen niederlegen.“ Armin Ohl macht das fassungslos. Knapp zehn Jahre nach seiner Befreiung drohe Kobanê eine erneute Besatzung, sagte der Sprecher von Defend Kurdistan Frankfurt und ergänzte: „Wir sehen hier eine große Bedrohung für das friedliche Zusammenleben der Völker und Religionsgemeinschaften.“

DAANES anerkennen

Deshalb forderten sie mit ihrem Transparent an der St. Katharinenkirche an der Frankfurter Hauptwache: „Hands off Kobanê, jetzt! Frieden für die Völker Syriens! - Für den Schutz für alle ethnischen und religiösen Gemeinschaften braucht es ein sofortiges Ende der türkischen und islamistischen Drohungen gegen Kobanê und eine politische-diplomatische Lösung für die DAANES. Deutschland trägt als wichtiger Partner der Türkei eine große Verantwortung für ein Gelingen dieser Friedensbemühungen. Auch die christliche Mehrheitsgesellschaft sehen wir gerade zur Weihnachtszeit in der Verantwortung, sich für Frieden in Kobanê, Rojava und ganz Syrien einzusetzen.“ Auch die Anerkennung der DAANES sowie die Bereitstellung humanitärer Hilfe für die Vetriebenen sowie ein Ende der Abschiebepolitik nach Syrien müsse erfolgen. Und ganz akut brauche es „eine klare politische Botschaft für Frieden in Syrien, gegen die drohenden Angriffe auf Kobanê und ein Ende der Waffenlieferungen an die Türkei, und damit ihre islamistischen Söldner.“