Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat am Dienstag die sofortige Freilassung des kurdischen Politikers Selahattin Demirtaş aus türkischer Haft angeordnet. Bezugnehmend auf das sehr eindeutige Urteil hat das Verteidigerteam von Figen Yüksekdağ beim Strafgericht in Ankara die Haftentlassung der ehemaligen HDP-Vorsitzenden beantragt.

Yüksekdağ ist zeitgleich mit Demirtaş und vielen weiteren HDP-Politiker*innen im November 2016 verhaftet worden und befindet sich seitdem im Gefängnis in Kandira – rechtswidrig, wie der EGMR festgestellt hat. Im September 2019 wurden die Haftbefehle gegen die beiden ehemaligen Ko-Vorsitzenden der Demokratischen Partei der Völker (HDP) überraschend aufgehoben. Auf Betreiben des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdoğan wurde jedoch umgehend ein Verfahren wegen „Verbreiten von Hass und Aufstacheln zur Gewalt“ neu aufgerollt und ein erneuter Haftbefehl erwirkt. Aktuell gründet der Haftstatut auf den sogenannten Kobanê-Ermittlungen, wegen denen sich 27 hochrangige Politikerinnen und Politiker der HDP im Gefängnis befinden.

In dem Antrag auf Haftentlassung verweist das Anwaltsteam von Figen Yüksekdağ auf die bindende Wirkung des EGMR-Urteils. Die Türkei ist Mitglied des Europarats und hat die europäische Menschenrechtskonvention unterzeichnet.

Wer ist Figen Yüksekdağ?

Figen Yüksekdağ ist Mitgründerin der Sozialistischen Partei der Unterdrückten (Ezilenlerin Sosyalist Partisi, ESP) und war bis September 2014 deren Vorsitzende. Nach der Niederlegung ihres Amtes trat sie zur HDP über. Noch im gleichen Jahr schloss sich die ESP der als Dachpartei mehrerer Kleinparteien fungierenden HDP an. Auf dem zweiten HDP-Kongress wurde Figen Yüksekdağ am 22. Juni 2014 zur Ko-Vorsitzenden gewählt. Zeitgleich mit Selahattin Demirtaş und zahlreichen weiteren HDP-Abgeordneten wurde sie am 4. November 2016 auf Betreiben des türkischen Präsidenten Erdoğan verhaftet.