Grabbesuch bei Journalistin Deniz Firat

An ihrem Grab in Wan ist Deniz Firat gedacht worden. Die kurdische Journalistin gehörte 2014 zu den ersten Medienschaffenden, die über die Angriffe der IS-Terrormiliz in Kurdistan berichteten. Bei einem Angriff auf Camp Mexmûr kam sie ums Leben.

An ihrem Grab in Ebex (tr. Çaldıran) in der Provinz Wan ist Deniz Firat gedacht worden. Anlass war der neunte Todestag der Kriegsreporterin. Deniz Firat war eine der ersten Medienschaffenden, die 2014 über die Angriffe der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) in Kurdistan berichteten. Die Dschihadistenmiliz hatte im August jenes Jahres den Irak überrannt und im ezidischen Siedlungsgebiet Şengal einen Genozid verübt. Im Visier befand sich damals auch das Flüchtlingslager Mexmûr, in dem Deniz Firat mit ihrer Familie lebte.

Als entschieden wurde, dass das Camp zum Schutz der Bevölkerung evakuiert werden muss, blieb die Journalistin vor Ort. Mit ihrer Kamera dokumentierte sie für ANF sowie die kurdischen Fernsehsender Stêrk TV und Ronahî TV die Geschehnisse und informierte die Öffentlichkeit. Am 8. August 2014 berichtete Deniz Firat das letzte Mal telefonisch von der Mexmûr-Front, bevor sie von einem Granatsplitter getroffen wurde.

Auch in Camp Mexmûr wurde Deniz Firat gedacht – in Form einer Ausstellung über sie und andere kurdische Medienschaffende, die bei der Ausübung ihres Berufs ihr Leben verloren | © RojNews


Zu dem Grabbesuch auf dem Friedhof in der Ortschaft Xecxatûn hatten die Journalistinnenplattform Mesopotamien (MKGP) und der Journalistenverein DFG eingeladen. Nach einer Schweigeminute sprachen Anwesende einige Gedenkworte. Rojda Aydın, eine Korrespondentin der feministischen Nachrichtenagentur JinNews, bezeichnete Deniz Firat als „Symbol“ der freien kurdischen Presse. „Das Erbe, das sie uns hinterlassen hat, weist uns unseren weiteren Weg.“

Der Ko-Vorsitzende des DFG, Serdar Altan, würdigte Deniz Firat als mutige und engagierte Frau, die Licht in die Dunkelheit der Verbrechen des IS brachte. „Nur dank Menschen wie ihr konnte der Widerstand bis heute aufrechterhalten werden. Um der Wahrheit willen weigerte sie sich, ihre Kamera abzulegen. Sie ging als Beispiel voran – nicht nur für uns, sondern für alle Medienschaffenden weltweit.“

Die letzte Rede hielt Deniz Firats Bruder Seyat Yıldıztan. Er würdigte seine Schwester als eine Journalistin, die an führender Stelle Widerstand in der Tradition der kurdischen Presse geleistet habe. „Sie war eine unverwechselbare Person, die zum Vorbild anderer wurde. Unsere jüngere Schwester nahm den Stift von Deniz vom Boden und setzt ihre Arbeit bis heute fort. Auch die restliche Familie schützt und unterstützt die Werte, für die Deniz kämpfte. Deniz war eine Widerständige, die sich der Unterdrückung nicht beugte. Ein würdiges Gedenken erfordert, ihren Kampf fortzusetzen.“

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Über Deniz Firat

Deniz Firat wurde 1984 in Wan-Ebex geboren und hieß gebürtig Leyla Yıldıztan. Ihre Familie wurde vom türkischen Staat systematisch politisch verfolgt. Anstatt Zuflucht in Europa zu suchen oder in die Westtürkei zu ziehen, entschied sich die Familie für Kurdistan und ging über die türkisch-iranische Grenze nach Rojhilat. Deniz Firats Schwester Binevş schloss sich dort der Guerilla an. Daruafhin geriet die Familie ins Visier des iranischen Regimes, die Eltern wurden verhaftet. Deniz und ihre Schwester Sarya blieben allein zurück und wussten zwei Monate lang nicht, was mit ihren Eltern geschehen war. Nach ihrer Haftentlassung ging die Familie über die iranisch-irakische Grenze ins Camp Zelê in Südkurdistan. Das Camp wurde von der türkischen Luftwaffe bombardiert und Delil, der kleine Bruder von Deniz, verstarb an einer Krankheit, weil es keine Möglichkeiten für eine ärztliche Behandlung gab.

Danach schlossen sich auch Deniz und Sarya der Guerilla an. Deniz war noch sehr jung und lernte Lesen und Schreiben erst in den Bergen. Nach den Erfahrungen ihrer Kindheit und Jugend bedeutete die Guerilla eine ganz neue Lebensform für sie. Ihre Verbundenheit drückte sie in einem Interview mit den Worten aus: „Ohne die Berge kann ich nicht leben, ohne meine Freund:innen kann ich nicht atmen, ohne Arbeit hat nichts eine Bedeutung und ohne den Kampf kann ich nicht existieren.“

Deniz Firat verbrachte viele Jahre bei der Guerilla in Qendîl, Rojhilat, Behdînan und Botan. In der Medienarbeit legte sie großen Wert auf ihre kurdische Muttersprache. Ihr letzter Einsatzort war Mexmûr, wo ein großer Teil ihrer Familie noch heute lebt. Sie begleitete die Kämpferinnen und Kämpfer der Guerillaorganisationen HPG (Volksverteidigungskräfte) und YJA Star (Verbände freier Frauen), die Mexmûr gegen die Islamisten verteidigten.