Die Plattform der Glaubensgemeinschaften Mesopotamiens hat die Regierungen in Bagdad und Hewlêr (Erbil) aufgefordert, das Selbstbestimmungsrecht der mehrheitlich ezidischen Bevölkerung in Şengal nicht länger zu ignorieren. Das Selbstverwaltungssystem, das die Ezidinnen und Eziden nach 74 Genoziden aufgebaut haben, müsse endlich anerkannt werden, hieß es am Montag bei einer Kundgebung der Plattform in Köln, die Muslime, Aleviten, Eziden und Yarsan unter ihrem Dach vereint. Dafür müsse das im vergangenen Herbst ohne Einbindung Şengals zwischen dem Irak und Südkurdistan geschlossene Abkommen über die Auflösung der autonomen Verteidigungskräfte in der Region umgehend annulliert werden.
Ezidische Existenz vor Auslöschung bewahren
„Mesopotamien, oder mit seinem anderen Namen Kurdistan, ist die Wiege des Glaubens. Alle Religionen, Heiligen und Gerechten haben hier ihren Ursprung. Doch leider wird dieses Land seit Jahrhunderten von Kolonialisten auseinandergerissen”, sagte Hafız Turhallı als Ko-Vorsitzender der Islam-Gemeinschaft Kurdistans (Civaka Îslamiya Kurdistan, CÎK). Der Geistliche kam auf den Genozid der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) vom August 2014 in Şengal zu sprechen: „Die ezidische Existenz sollte ausgelöscht werden. Das geschah im Namen des Islam. Die Heldinnen und Helden Kurdistans konnten diesen Völkermord verhindern. Wir, die wir Muslime sind, fasten, damit diese Verfolgung endet. Aber die Invasoren sind unersättlich. Sie wollen uns, das kurdische Volk, und vor allem die Ezidinnen und Eziden, vernichten. Wir sagen: Kurdistan ist das Land, das die Wiege des Glaubens und der Religionen ist. Wenn es also zu einem Angriff auf einen Glauben kommt, sollten sich alle Glaubensgemeinschaften und Religionen in Kurdistan zusammenschließen und sich gegen diesen Angriff stellen.“
Şengal soll zurück in Zustand von 2014
Im Namen der Koordination der ezidischen Gemeinschaft in Europa (Koordînasyona Civaka Êzidî a Ewropayê, KCÊE) führte Merwan Sezek an, dass Şengal durch das Abkommen in den Zustand zurückversetzt werden soll, in dem die Region vor dem August 2014 war. „Seit bald sieben Jahren baut die ezidische Gesellschaft Şengals ihre Selbstverteidigung auf. Die in der Vergangenheit dort stationierten Kräfte der PDK-Regierung und die irakischen Truppen entzogen sich beim IS-Überfall durch ihre Flucht und ermöglichten auf diese Weise erst den Genozid. Aus diesem Grund fordern wir als Plattform der Glaubensgemeinschaften Mesopotamiens: Hände weg von Şengal!“