Genf: Gespräch mit UNHCR über Mexmûr

Der Schweizer Politiker und Arzt Beppe Savary-Borioli hat mit Vertretern der kurdischen Gemeinde den UNHCR in Genf aufgefordert, seine Verpflichtung gegenüber dem vom irakischen Militär belagerten Flüchtlingslager Mexmûr zu erfüllen.

Eine Delegation der Demokratischen Kurdischen Gemeinde in der Schweiz (CDK-S) hat das Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) in Genf besucht und eine sofortige Intervention gegen die Militärbelagerung von Camp Mexmûr im Nordirak gefordert. Teil der Delegation war neben den CDK-S-Vertretern Ahmet Yaman und Ramazan Baytar auch der Schweizer Politiker und Arzt Beppe Savary-Borioli, der im Auftrag der IPPNW im vergangenen Herbst in Südkurdistan war, um Chemiewaffeneinsätze der türkischen Armee zu untersuchen.

Im Gespräch mit Alex Tyler, UNHCR-Vertreter für den Nahen/Mittleren Osten und Nordafrika, informierte die Delegation über die Lage in Camp Mexmûr und berichtete von dem entschiedenen Widerstand der Bevölkerung gegen die Militarisierung des Geflüchtetenlagers.


Nach dem Gespräch erklärte Ramazan Baytar: „Wir haben betont, dass die irakische Regierung für die Sicherheit der Menschen in Mexmûr verantwortlich ist, aber diese Verantwortung nicht erfüllt. In der Region sind weiterhin Gruppen wie der IS präsent. Verschiedene Minderheiten und religiöse Gruppen bekämpfen sich gegenseitig. Das Gebiet ist auch eine Konfliktregion internationaler Hegemonialmächte. Der Irak sorgt nicht für die Sicherheit der Bewohnerinnen und Bewohner des Lagers.“

Dem UNHCR-Vertreter Tyler sei übermittelt worden, dass die seit einer Woche andauernde Militärbelagerung des Camps durch die irakische Armee und das 2019 auferlegte Embargo nicht akzeptabel ist, führte Baytar weiter aus: „Wir haben außerdem darauf hingewiesen, dass das UNHCR und die Vereinten Nationen dazu verpflichtet sind, die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten.“ Beppe Savary-Borioli ergänzte, Tyler habe zugesagt, die Forderungen der Delegation weiterzuleiten.

Hintergrund: Was geschieht in Mexmûr?

In Mexmûr, das sich südwestlich von Hewlêr (Erbil) in einem zwischen der südkurdischen Regionalregierung und der irakischen Führung in Bagdad umstrittenen Gebiet befindet, leben etwa zwölftausend Menschen. Ein Großteil der Bevölkerung wurde in den 1990er Jahren im Zuge der antikurdischen „Aufstandsbekämpfung“ und der sogenannten Politik der verbrannten Erde – unter dem Vorwand, die PKK zu bekämpfen, wurden damals etwa 3.000 Dörfer entvölkert oder niedergebrannt – vom türkischen Staat vertrieben. Nach einer mehrjährigen Odyssee und Aufenthalten in verschiedenen Camps haben die Menschen 1998 am Rand der Wüste das Lager Mexmûr gegründet. Die Campbevölkerung bildet damit die größte kurdische Flüchtlingsgemeinschaft weltweit.

Offiziell steht Mexmûr unter dem Schutz und der Kontrolle des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR), praktisch ist die Organisation aber nur nominell präsent. Sie verließ das Lager bei den Angriffen der Terrorgruppe „Islamischer Staat“ (IS) im Jahr 2014 und kehrte danach nicht mehr zurück.

Seit 2019 ist das Lager einem Embargo der von der Barzanî-Partei PDK dominierten Regierung der Kurdistan-Region Irak (KRI) ausgesetzt. Der Barzanî-Clan kollaboriert mit dem türkischen Staat, der Camp Mexmûr seit Jahren kontinuierlich und völkerrechtswidrig mit Drohnen angreift.

Am vergangenen Samstag ist die irakische Armee in Begleitung von Vertretern des irakischen Innen- und Verteidigungsministeriums ohne vorherige Ankündigung in Mexmûr eingetroffen, um das Lager mit Stacheldraht einzäunen zu lassen. Das Militär ist mit Dutzenden Panzerfahrzeugen angerückt, um die Anordnung der Regierung in Bagdad durchzusetzen. Dazu gehört neben einer Umzäunung auch die Stationierung von irakischen Polizei- und Militäreinheiten, die Schließung aller Ein- und Ausgänge bis auf den Hauptzugang, die Installierung von militärischen Betonbarrieren auf dem Zufahrtsweg und die Aufstellung von Beobachtungstürmen. Die Bevölkerung des selbstverwalteten Lagers ist gegen die Militarisierung von Mexmûr und hält Wache gegen die Belagerung.