Gemeinderat Zürich verabschiedet Rojava-Resolution

Das Stadtparlament von Zürich hat eine Resolution verabschiedet und verurteilt die türkische Invasion in Nordsyrien. Außerdem soll der Bundesrat das Freihandelsabkommen aussetzen und Waffenlieferungen an Ankara stoppen.

Der Gemeinderat Zürich fordert den Schweizer Bundesrat auf, aus Protest gegen die Invasion der Türkei in den selbstverwalteten Gebieten Nord- und Ostsyriens sämtliche Waffenlieferungen an Ankara einzustellen und das Freihandelsabkommen auszusetzen. Bereits am Mittwochabend hat der Rat mit 69 zu 0 Stimmen eine entsprechende Resolution verabschiedet. Die Grünliberalen (GLP), die Liberalen (FDP) und die Schweizerische Volkspartei (SVP) stimmten allerdings nicht ab, weil sie den Beschlussantrag für das falsche Vorgehen halten. Der FDP-Abgeordnete Michael Schmid erklärte, dass seiner Partei das Schicksal der Kurden zwar nahe gehe, die Resolution aber nicht legal sei. Weder die Stadt noch das Stadtparlament seien für Forderungen dieser Art zuständig. Lediglich der Bundesrat könne darüber abstimmen, befanden auch SVP und die GLP. Während die Debatte lief, fand gleichzeitig eine Kundgebung kurdischer Aktivistinnen im Rathaus statt.

Doch der Absetzungs-Antrag wurde klar abgelehnt, denn die SP (Sozialdemokratische Partei der Schweiz), Grüne und die Alternative Liste sahen sich durchaus als zuständig und kritisierten den „Formalismus“ der FDP. „Wir geben mit der Resolution unsere Empörung, Trauer und unser Entsetzen darüber kund, was in Nordsyrien passiert“, sagte SP-Fraktionsvorsitzender Davy Graf. Zürich habe eine besondere Beziehung, sei zum Beispiel durch einen Brückenschlag mit der nordkurdischen Metropole Amed (Diyarbakir) verbunden, ergänzte Marco Denoth (SP) und erklärte: „Solidarität hilft und gibt Mut weiterzukämpfen.“

Sofortiger Stopp von Kriegsmaterialexporten

Im Resolutionstext heißt es: „Die Stadt Zürich ist zutiefst besorgt über die Entwicklung in Nordsyrien. Am 9. Oktober sind die türkischen Streitkräfte in die nordöstlichen Provinzen von Syrien mit massiven Angriffen einmarschiert. Wie jeder Krieg hat auch dieser Folgen. So sind bereits 700 Todesopfer zu beklagen und fast 200.000 Menschen sind in die Flucht getrieben worden. Weiter geht die türkische Regierung hart gegen Kritikerinnen und Kritiker der Militäroffensive in der Türkei vor und lässt sie verhaften.

Die Stadt Zürich verurteilt diese Invasion aufs schärfste und solidarisiert sich mit den Menschen, welche unter dieser Militäraktion zu leiden haben. Nach wie vor kritisiert sie scharf den undemokratischen Umgang der türkischen Regierung mit der politischen Opposition. Die Stadt Zürich fordert vom Bundesrat das sofortige Aussetzen des Freihandelsabkommen mit der Türkei und den sofortigen Stopp von Export von Kriegsmaterial, einschließlich Vorprodukten und Ersatzteillieferungen, in die Türkei. Außerdem sollen Hilfsorganisationen, die in Syrien tätig sind, durch die Schweiz und die Stadt Zürich unterstützt werden.“

Allgemein bereitet die Situation in der Türkei Sorgen

Die Linke begründet die Resolution damit, dass die Entwicklungen der letzten Wochen in Nord- und Ostsyrien ein Handeln erfordern. „Die in Zürich lebenden Kurdinnen und Kurden sollen wissen, dass sich ihre neue Heimat mit ihnen solidarisiert und sich für sie einsetzt.

Kriegshandlungen sind stets zu verurteilen, da sie nur Leid und Schmerz nach sich ziehen. Neben den Todesopfern hat ein Krieg immer eine Vertreibung zur Folge. Dass die Schweiz mit ihren Kriegsmaterialexporten diese Kriege immer noch bewirtschaftet, ist unverständlich und sofort zu stoppen.

Allgemein bereitet die Situation in der Türkei Sorgen. So sind schon in der Vergangenheit Maßnahmen gegen die kurdischen Gebiete durch die türkische Regierung ins Unerträgliche gesteigert worden. Verhaftung und Absetzung von demokratisch gewählten Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in mehrheitlich kurdischen Städten ist dabei nur der Anfang. Das ist nicht mit unserem Verständnis von Demokratie zu vereinbaren.

Die Stadt Zürich ist eine offene und solidarische Stadt. Sie ist durch einen Brückenschlag eng mit der kurdischen Stadt Diyarbakir verbunden. Somit ist es selbstverständlich, dass wir uns mit den Kurdinnen und Kurden hier und vor Ort solidarisieren und ihnen und ihren Familien in den betroffenen Gebieten viel Kraft und Hoffnung mitgeben wollen.“

Brückenschlag Zürich <–> Amed/Diyarbakir

Im Mai 2016 hatten sich links-grüne Parteien aus der Schweiz sowie türkische und kurdische Organisationen in Zürich auf zivilgesellschaftlicher Ebene zum Bündnis „Brückenschlag Zürich <–> Amed/Diyarbakir“ zusammengeschlossen. Als Oberbürgermeisterin von Amed war damals noch Gültan Kışanak (DBP) im Amt, seit Oktober 2016 sitzt sie im Gefängnis. Im Februar dieses Jahres verurteilte sie ein türkisches Gericht zu einer Haftstrafe von 14 Jahre und drei Monaten. Nachdem die Großstadt mehrere Jahre von einem staatlichen Treuhänder verwaltet wurde, zog nach den Kommunalwahlen am 31. März der Arzt Adnan Selçuk Mızraklı als demokratisch gewählter Bürgermeister in das Rathaus ein. Am 19. August wurde er vom Innenministerium abgesetzt. Seit zehn Tagen sitzt auch er im Gefängnis.