Führten Daten aus Deutschland zur Verhaftung in der Türkei?

Die Festnahme der Kölnerin Gönül Dilan Örs in der Türkei scheint das Ergebnis des Informationsaustauschs zwischen deutschen und türkischen Sicherheitsbehörden zu sein. Das behaupten die Anwälte von Örs nach Einsicht in die Akte ihrer Mandantin.

Haben deutsche Sicherheitsbehörden Informationen über in Deutschland lebende kurdische Aktivist*innen und andere Oppositionelle an türkische Sicherheitskräfte weitergegeben? Im Fall der festgenommenen Kölnerin Gönül Dilan Örs scheint genau dies der Fall gewesen zu sein. Die Tochter der in der Türkei wegen Terrorvorwürfen verurteilten Musikerin Hozan Canê war am 10. September ebenfalls von türkischen Sicherheitskräften verhaftet worden. Zuvor war Ende Mai eine Ausreisesperre gegen Örs erlassen worden, nachdem sie in die Türkei reiste, um ihre Mutter zu besuchen.

Nun gaben die Anwält*innen von Örs bekannt, dass in der Akte ihrer Mandantin als Anklagepunkt ihr die Teilnahme an einer Protestaktion aus dem Jahr 2012 in Köln vorgeworfen wird. Demnach soll Örs gemeinsam mit einer Gruppe von kurdischen Jugendlichen kurzzeitig einen Ausflugsdampfer auf dem Rhein besetzt haben, um mit der Verlesung einer Erklärung auf den damals in Straßburg durchgeführten Hungerstreik gegen die Isolation des kurdischen Repräsentanten Abdullah Öcalans aufmerksam zu machen. Die Jugendlichen waren nach der Aktion kurzzeitig festgenommen worden.

Die Anwält*innen von Gönül Dilan Örs erklärten nun, dass die deutschen Sicherheitskräfte nach dem Vorfall eine Untersuchungsakte gegen ihre Mandantin angelegt hatten und die darin enthaltenen Informationen über die deutsche Botschaft in der Türkei mit türkischen Polizeivertretern der Interpol teilten. Obwohl in Deutschland die Untersuchungen gegen Örs eingestellt worden waren, haben die türkischen Sicherheitskräfte den Vorfall zum Anlass genommen, um die deutsche Staatsbürgerin anzuklagen und anschließend festzunehmen.

Die Mutter von Örs, die Musikerin Hozan Canê, war im Juni vergangenen Jahres in die Türkei gereist, um die HDP bei ihrem Wahlkampf zu unterstützen. Am 23. Juni 2018 wurde sie nach einem Auftritt bei einer Wahlkampfveranstaltung in der westtürkischen Stadt Edirne festgenommen. Die Terrorvorwürfe gegen sie werden damit begründet, dass sie in einem Film mitspielte, der den Kampf der YPG und YPJ gegen den IS in Nordsyrien thematisiert.