Freispruch im YPJ-Fahnenprozess in München

Der Prozess vor dem Amtsgericht München wegen des Zeigens einer YPJ-Fahne während einer Demonstration anlässlich der NATO-Sicherheitskonferenz 2018 endete heute mit einem Freispruch.

Vor dem Amtsgericht München fand heute ein weiterer Prozess wegen des sogenannten Fahnenverbots statt. Angeklagt war ein deutscher Aktivist wegen des Zeigens einer Fahne der Frauenverteidigungseinheiten YPJ (Yekîneyên Parastina Jin) auf einer Demonstration anlässlich der Münchner Sicherheitskonferenz 2018. Die Demonstration fand damals wenige Tage nach Beginn der türkischen Militärinvasion im nordsyrischen Kanton Efrîn statt. Die Teilnehmer*innen solidarisierten sich aus diesem Anlass mit den Verteidiger*innen Efrîns und trugen ihre Fahnen. Der Prozess endete mit einem Freispruch.

Zu Beginn der Verhandlung verlas der Staatsanwalt die Anklage, die sich im wesentlichen auf das Konstrukt gründete, die YPG-und YPJ-Fahnen seien von der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) „usurpiert“, die PKK weiche auf diese Kennzeichen aus, weil ihre eigenen verboten seien.

Der Angeklagte aus Nürnberg verlas daraufhin seine zehnseite Erklärung, in der er die Hintergründe und Geschichte des Konfliktes und der Unterdrückung der Kurd*innen erläuterte. Dabei ging er auf die vielfachen Bemühungen Öcalans, den bewaffneten Konflikt zu beenden, die Interessen der Bundesrepublik und ihre Verbotspolitik ein.

Desweiteren erläuterte der Aktivist die Unterschiede zwischen der PKK und der syrischen Partei der demokratischen Einheit (PYD) und besonders die Tatsache, dass die PYD nach dem Paradigmenwechsel der PKK gegründet wurde und nicht die Geschichte des bewaffneten Kampfes hat, weder gegen Syrien, noch gegen die Türkei, weshalb sie auch in Deutschland nicht verboten sei.

Neben den Einlassungen über die Invasionen der Türkei in Syrien und des Verbotes der YPG/YPJ-Symbole in Deutschland während der Operation „Schutzschild-Euphrat“ beklagte der Angeklagte, dass unabhängige Gerichte missbraucht würden, um die geopolitischen Interessen einer kleinen, aber zahlungskräftigen Lobby durchzusetzen. Dies geschehe im Namen des Volkes, das nachgewiesenermaßen gegen die aggressive Politik Erdogans, gegen die völkerrechtswidrige Invasion Efrîns sowie gegen die Kollaboration der Bundesregierung mit dem Aggressor in Ankara steht.

Der Kontext der Demonstration gegen die am 17. Februar 2018 stattfindende Nato-Sicherheitskonferenz sei der Angriffskrig auf den nordsyrischen Kanton gewesen. Das Zeigen der YPJ-Fahne stünde für die Solidarität mit den kämpfenden Frauen dort, die davon besonders betroffen waren. Der Angeklagte erinnerte an die Kämpferin Barîn Kobanê, deren grausame Misshandlung von den mit der Nato verbündeten Dschihadisten-Gangs gefilmt und im Netz verbreitet worden war.

Der Zeuge des Innenministeriums erläuterte die Hintergründe für die Symbolverbote von YPG/YPJ, die selbst legal sind. Die PKK und PYD seien nach Ansicht des deutschen Staates organisatorisch verflochten, die PKK nutze Verdienste der YPG/YPJ wie die Rettung der Ezid*innen und die Befreiung vom sogenannten IS, um Werbung in eigener Sache zu machen.

Auf die Frage der Richterin, warum dann die PYD erlaubt sei, antwortete er, es seien viele unterschiedliche Interessen im Spiel, viele Kräfte würden dabei auf das Innenministerium als Entscheidungsträger einwirken und er bitte um Verständnis, dass er diese nicht alle erläutern könne. Er fügte hinzu, es gäbe einen „PKK-Kalender“ von Veranstaltungen, wo ein PKK-Bezug naheliegend sei. Die Demo gegen die Sicherheitskonferent sei nicht dabei gewesen. Auf Nachfrage hin räumte er ein, wenn keine weiteren Kennzeichen wie beispielsweise die räumliche Nähe zu Öcalan-Fahnen oder Reden mit PKK-Bezug – beispielsweise die Forderung nach Aufhebung des PKK-Verbots - feststellbar seien, wäre das Tragen einer YPJ-Fahne nicht strafbar.

Da der Angeklagte neben seiner Erklärung keine weiteren Angaben machte und die räumliche Nähe zu anderen Kennzeichen mit PKK-Bezug nicht nachweisbar waren, sprach ihn das Gericht frei.