Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hat die Syrienrückkehrerin Kevser T. aus Rheine wegen der Mitgliedschaft in der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Es sprach die 30-Jährige mit deutscher und türkischer Staatsbürgerschaft zudem wegen Verletzung der Fürsorgepflicht schuldig, weil sie ihr einjähriges Kind mit in das Krisengebiet genommen hatte. Die Frau darf für drei Jahre nicht ohne Zustimmung ins EU-Ausland reisen und muss weiter an einem Aussteigerprogramm teilnehmen, wie das Gericht am Dienstag mitteilte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, die Revision vor dem Bundesgerichtshof ist möglich. (AZ: III-5 StS 6/22)
Kevser T. war laut Anklage im Mai 2014 über die Türkei nach Syrien gereist, um sich zusammen mit ihrem Ehemann, dem deutschen Konvertiten Florian L., dem IS anzuschließen. Sie kümmerte sich um Haushalt und Kind, er stand für kriegerische Einsätze im Dienst des IS. Im September 2014 habe T. dabei geholfen, zwei weitere IS-Mitglieder einzuschleusen, und versucht, eine in Deutschland lebende Bekannte zum Nachkommen zu überreden. Zudem habe sie Geld für die Frau eines anderen IS-Mitglieds nach Syrien transferiert. Im Herbst 2015 sei der zweite Sohn zur Welt gekommen. 2016 wurde ihr Mann bei einem „Kampfeinsatz“ getötet.
Anfang 2019 war Kevser T. von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) im Zuge der finalen Anti-IS-Offensive „Gewittersturm Cizîrê“ aufgegriffen und in das Auffang- und Internierungslager Roj, eine Einrichtung der nordostsyrischen Autonomieverwaltung für Dschihadistinnen aus dem europäischen Ausland, gebracht worden. Im Oktober 2022 wurde sie zusammen mit drei weiteren IS-Anhängerinnen, einem Mann und sieben Kindern nach Deutschland zurückgeholt.
Das Urteil fiel am Dienstag deutlich früher als ursprünglich veranschlagt. Der Senat berücksichtigte den Angaben zufolge bei der Strafzumessung zugunsten der nicht vorbestraften T., dass sie umfassend geständig war. „Dieses Geständnis war von Reue getragen und hat zu einer erheblichen Verkürzung des Strafverfahrens geführt“, hieß es. Zudem habe sie sich vom Terrorregime distanziert, lange in kurdischen Lagern leben müssen und bereits fünf Monate in Untersuchungshaft verbracht.
Nachteilig wirkte sich laut Gericht für Kevser T. aus, dass der IS „eine der radikalsten und blutrünstigen Vereinigungen“ überhaupt sei. „Ebenfalls hat der Senat zu ihren Lasten die lange Dauer der mitgliedschaftlichen Beteiligungshandlungen von mehr als zweieinhalb Jahren berücksichtigt“, erläuterte das OLG. Die Verteidigung der Frau hatte ein Jahr und zehn Monate Haft zur Bewährung gefordert.