Prozess um IS-Mitgliedschaft: Marcia M. räumt Großteil der Vorwürfe ein

Am OLG Celle hat der Staatsschutzprozess gegen die IS-Rückkehrerin Marcia M. begonnen. Die Deutsche, die in Raqqa Sprengstoffgürtel herstellte und in Mossul in einem Haus von christlichen Vertriebenen lebte, räumte einen großen Teil der Vorwürfe ein.

Vor dem Oberlandesgericht (OLG) im niedersächsischen Celle hat am Montag der Staatsschutzprozess gegen die IS-Rückkehrerin Marcia M. begonnen. Die Bundesanwaltschaft wirft der 34-jährigen Deutschen aus dem Raum Salzgitter unter anderem die Mitgliedschaft in der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) vor. Laut Anklage soll sie im September 2015 mit ihrem Ehemann, dem Deutschtürken Oğuz G., aus Deutschland nach Syrien zum IS gereist sein. In Raqqa habe sie sich einem IS-Frauenbataillon angeschlossen und sich zu Selbstmordanschlägen bereit erklärt. Sie soll in der Herstellung von Sprengstoff geschult worden sein und auch selbst Sprengstoffgürtel hergestellt haben. Außerdem soll sie zur Vorbereitung eines Anschlags auf ein Musikfestival in Hildesheim 2016 zwei Islamistinnen in Deutschland angeworben haben, bei denen eingeschleuste Attentäter des IS zu Tarnzwecken nach einer fingierten Hochzeit als Ehemänner hätten leben sollen.

Zu dem Anschlag kam es jedoch nicht: Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) führten zu dem Zeitpunkt bereits ihre Offensive „Zorn des Euphrats“ zur Befreiung von Raqqa, der „Hauptstadt“ des selbsternannten IS-Kalifats – das designierte IS-Kommando konnte in der Folge nicht aus Syrien nach Deutschland ausreisen, weil die Grenze unpassierbar geworden war.

Nach Angaben eines Gerichtssprechers gestand Marcia M. zum Prozessauftakt in einer von ihrer Verteidigung verlesenen Erklärung die Vorwürfe im Wesentlichen. Sie bedauere ihr Verhalten ausdrücklich und wolle sich gar nicht ausmalen, was passiert wäre, wenn der Plan funktioniert hätte, ließ die Angeklagte vortragen. Sie bestritt allerdings, näher in die Planung des Anschlags eingebunden gewesen und Einzelheiten darüber gewusst zu haben.

Marcia M.  muss sich in dem zunächst bis Mitte September angesetzten Verfahren wegen „Mitgliedschaft in einer ausländischen Terrorvereinigung“ verantworten, dazu noch wegen eines Kriegsverbrechens gegen das Eigentum. Sie soll mit ihrem Mann während ihrer Zeit beim IS zwischenzeitlich auch in einer Wohnung im nordirakischen Mossul gelebt haben, deren christliche Bewohner:innen zuvor vertrieben worden waren. Sollte die 34-Jährige wegen der IS-Beteiligung verurteilt werden, drohen ihr bis zu zehn Jahre Haft. Für den Prozess sind noch 18 weitere Termine geplant.

Ehemann guter Vertrauter von Abu Walaa

Die Konvertitin Marcia M. bewegte sich vor ihrer Ausreise im Umfeld des inzwischen verbotenen Deutschsprachigen Islamkreises Hildesheim. Der Prediger in der Moschee, Abu Walaa, und einstige „Statthalter“ des IS in Deutschland, war 2021 vom OLG Celle nach einem Mammut-Prozess zu zehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. In der Hildesheimer Moschee waren zahlreiche junge Menschen vor allem aus dem Ruhrgebiet und Niedersachsen rekrutiert und für den IS nach Syrien und in den Irak geschickt worden. Oğuz G., der Ehemann von M., galt als früherer Vertrauter von Abu Walaa. Er war im Vorstand des Deutschsprachigen Islamkreises eng in die Strukturen des Vereins eingebunden.

Bei Rückholaktion von Bundesregierung zurückgeführt

Nach der Befreiung von Raqqa stellten sich Oğuz G. und Marcia M. im Oktober 2017 den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), die das Rückgrat der QSD bilden. G. kam in ein Haftzentrum nahe Dêrik in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien, M. wurde nach Camp Roj gebracht, ein von der Selbstverwaltung betriebenes Auffang- und Internierungslager für IS-Dschihadistinnen aus dem europäischen Ausland. Im Oktober vergangenen Jahres wurde sie unmittelbar nach ihrer von der Bundesregierung organisierten Rückkehr nach Deutschland am Flughafen Frankfurt am Main festgenommen. Seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft.