Die IS-Rückkehrerin Marcia M. muss sich vom 17. April an in einem Staatsschutzverfahren in Celle verantworten. Der Strafsenat habe die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen die 34-Jährige aus dem Raum Salzgitter zur Hauptverhandlung zugelassen, teilte das Oberlandesgericht (OLG) Celle am Donnerstag mit. Der deutschen Dschihadistin werden die Mitgliedschaft in der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) und Kriegsverbrechen gegen Eigentum vorgeworfen.
In Raqqa gelebt
Marcia M. soll im September 2015 mit ihrem Ehemann, dem Deutschtürken Oğuz G., aus Deutschland nach Syrien gereist sein, um sich dem sogenannten IS anzuschließen. Später hätten sie vorübergehend im Irak in einem Haus gewohnt, dessen rechtmäßige Bewohnenden vor dem IS geflohen oder von der Miliz vertrieben worden seien. Stationiert im nordsyrischen Raqqa habe M. Schießunterricht erhalten und sei im IS-Frauenbataillon auch in die Herstellung von Sprengstoff eingewiesen worden. Sie soll sich auch zu Selbstmordattentaten bereiterklärt und selbst Sprengstoffgürtel hergestellt haben. Außerdem soll sie Propagandamaterial für den IS übersetzt haben.
„Glaubensschwestern“ in Deutschland sollen Attentäter heiraten
M. habe den gemeinsamen Haushalt geführt. Das habe auch dazu gedient, ihrem Mann die Teilnahme an Kampfeinsätzen zu ermöglichen. Das Ehepaar habe monatlich Geld vom IS bezogen. M. soll außerdem indirekt an der Planung eines Anschlags auf ein Musikfestival bei Hildesheim beteiligt gewesen sein, den IS-Mitglieder in Syrien im Herbst 2016 vorbereiteten. Dafür hätten sie Attentäter rekrutiert, die nach Deutschland geschleust werden sollten. M. habe zwei „Glaubensschwestern“ im Bundesgebiet angeworben, die die Männer hätten heiraten sollen, um ihnen ein unauffälliges Leben zu ermöglichen. Zu dem Anschlag kam es jedoch nicht: Die Demokratischen Kräfte Syriens (QSD) führten zu dem Zeitpunkt bereits ihre Befreiungsoffensive „Zorn des Euphrats“ – das designierte IS-Kommando kam infolge des Sturms auf Raqqa nicht über die Grenze.
Ehemann guter Vertrauter von Abu Walaa
Die Konvertitin Marcia M. bewegte sich vor ihrer Reise ins selbsternannte Kalifat im Umfeld des inzwischen verbotenen Deutschsprachigen Islamkreises Hildesheim. Der Prediger in der Moschee, Abu Walaa, und einstige „Statthalter“ des IS in Deutschland war 2021 vom Oberlandesgericht in Celle nach einem Mammut-Prozess zu zehneinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden. In der Hildesheimer Moschee waren zahlreiche junge Menschen vor allem aus dem Ruhrgebiet und Niedersachsen rekrutiert und für den IS nach Syrien und in den Irak geschickt worden. Der Mann der Beschuldigten, Oğuz G. galt als früherer Vertrauter von Abu Walaa. Er war im Vorstand des Deutschsprachigen Islamkreises eng in die Strukturen des Vereins eingebunden.
Bei Rückholaktion von Bundesregierung zurückgeführt
Nach der Befreiung von Raqqa stellten sich Oğuz G. und Marcia M. im Oktober 2017 den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG), die das Rückgrat der QSD bilden. G. kam in ein Haftzentrum nahe Dêrik in der Autonomieregion Nord- und Ostsyrien, M. wurde nach Camp Roj gebracht, ein von der Selbstverwaltung betriebenes Auffang- und Internierungslager für IS-Dschihadistinnen aus dem europäischen Ausland. Im Oktober vergangenen Jahres wurde sie unmittelbar nach ihrer von der Bundesregierung organisierten Rückkehr nach Deutschland am Flughafen Frankfurt am Main festgenommen. Seitdem sitzt sie in Untersuchungshaft. Das Oberlandesgericht setzte 18 Termine bis Mitte September an.