Gut sechs Monate nach ihrer Rückführung nach Deutschland ist eine mutmaßliche IS-Terroristin aus Rheine vor Gericht gestellt worden. Die heute 30-jährige deutsche Staatsangehörige Kevser T. soll sich 2014 mit ihrem zum Islam konvertierten Ehemann Florian L. der Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ (IS) angeschlossen haben. Außerdem wird der zweifachen Mutter die Gefährdung ihrer Kinder vorgeworfen. Zum Prozessauftakt am Dienstag vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf räumte T. nahezu alle Anklagevorwürfe ein. Die Richterin kündigte zuvor an, dass die Angeklagte im Falle eines umfassenden Geständnisses voraussichtlich zu einer Bewährungsstrafe verurteilt wird.
„Ich bin meinem Mann wie ein Blindgänger gefolgt“, ließ T. durch ihre Anwältin erklären. „Ich habe ihm blind vertraut, dass er uns nicht in Gefahr bringt.“ Nach eigener Aussage reiste sie im Mai 2014 mit Florian L. und dem damals einjährigen Sohn nach Syrien. Dort habe sie für ihren Ehemann, der für kriegerische Einsätze im Dienst des IS stand und 2016 bei einem „Kampfeinsatz“ getötet wurde, den Haushalt geführt und Geld sowie Lebensmittelpakete vom selbsternannten Kalifat erhalten. ANF liegen Informationen vor, wonach Kevser T. und Florian L. bereits Ende 2013 zum IS nach Syrien ausgereist sind.
Die Staatsanwaltschaft wirft T. vor, die beiden Söhne – ein weiteres Kind wurde 2015 in Syrien geboren – ständiger Lebensgefahr ausgesetzt zu haben. Dies würde sie bereuen, sagte die Tochter kurdischer Eltern vor Gericht. Sie gab außerdem zu, in Syrien nicht nur ihren Mann unterstützt zu haben, sondern auch bei der Einschleusung von zwei weiteren IS-Söldnern geholfen zu haben. Außerdem habe sie versucht, eine Bekannte in Deutschland zur Ausreise nach Syrien zu überreden und Geld für die Terrormiliz zu beschaffen.
Kevser T. war Anfang 2019 von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) im Zuge der finalen Anti-IS-Offensive „Gewittersturm Cizîrê“ aufgegriffen und in das Auffang- und Internierungslager Roj, eine Einrichtung der nordostsyrischen Autonomieverwaltung für Dschihadistinnen aus dem europäischen Ausland, gebracht worden. Im Oktober 2022 wurde sie zusammen mit drei weiteren IS-Anhängerinnen, einem Mann und sieben Kindern nach Deutschland zurückgeholt. Nach ihrer Rückführung ins Bundesgebiet kam sie zunächst in Untersuchungshaft, der Haftbefehl wurde angesichts ihres Geständnisses und mit Blick auf eine schwere Augenerkrankung Anfang März unter Auflagen außer Vollzug gesetzt. Es sind fünf weitere Verhandlungstage angesetzt, ein Urteil könnte es Anfang Mai geben.