Fluchtursachen vermeiden, Bildungschancen vor Ort ermöglichen

Unter diesem Motto steht die Schul- und Stadtpartnerschaft Oldenburg-Efrîn/Nordsyrien, die am vergangenen Freitag Thema im Café Rojava International im Freizeitheim Linden in Hannover war.

Etwa 40 Menschen kamen am Freitagabend zusammen, um mit zwei Initiator*innen der Partnerschaft zu diskutieren und Ideen für Hannover auszuloten. Christian Katz und Birgit Zwikirsch vom Oldenburger Verein Städtefreundschaft Oldenburg-Efrîn/Nordsyrien referierten zunächst über die Entstehung ihrer Partnerschaft und eine einwöchige Reise in die Region im Mai 2018. Danach fand eine rege Diskussion zwischen den Referent*innen, lokalen Vertreter*innen der GEW, Vertreter*innen von NAV-DEM und anderen Gästen statt.

„Besonders beeindruckt hat mich, dass in der ganzen Zeit, in der ich da war, kein einziges Mal das Wort ‚ich‘ gefallen ist“, erzählt Birgit Zwikirsch. Das wichtigste sei ihren Partner*innen vor Ort gewesen, dass sie das Wissen um den demokratischen Aufbau und die gelebte Solidargemeinschaft dort zurück nach Oldenburg und Deutschland tragen.

Und Christian Katz ergänzt: „Ich selbst habe trotz einer bewegten politischen Zeit und einer Auseinandersetzung mit revolutionären Ideen noch keinen solchen Ort zuvor gesehen, der die Gesellschaft so grundlegend von unten aufbauen will und es tut.“

Beide Aktivist*innen sind Lehrer*innen und beim Projekt „Schule ohne Rassismus“ engagiert. Die Initiative, durch die die Partnerschaft ins Leben gerufen wurden, ging von Schüler*innen aus, die eine Kleidersammlung für die Ezid*innen im Şengal initiieren wollten. Dies war vor einigen Jahren der Startschuss für eine tiefere Beschäftigung mit Kurdistan und der Situation in Syrien.

„Eine der zentralen Fragen für die Lehrkräfte dort vor Ort in Kobanê und Girê Spî ist die psychische Situation der Kindern, die durch den Krieg sehr gezeichnet sind“, berichtet Zwikirsch. Die vierköpfige Delegation, die eine Woche in der Demokratischen Föderation Nord-Ostsyrien verbrachte, besuchte die Partnerschulen vor Ort und informierte sich über das Konzept der „Pädagogik der Freiheit“, die die Basis des Schulsystems dort darstellt. Inhalte dessen sind ein Verzicht auf Benotung und Sitzenbleiben, außerdem sind alle Schulangehörigen selbstständig für die Reinigung der Klassenräume zuständig. Das Lehrmaterial wurde neu und nach demokratischen Maßstäben erstellt, was unter anderem zur Folge hat, dass vielen Schulen staatliche Unterstützung versagt wurde.

Im Vortrag wurde auch die zentrale Rolle der Philosophie Abdullah Öcalans betont. „Das wurde mir dort nochmal sehr bewusst – welche Rolle er als Theoretiker der basidemokratischen Selbstorganisierung und als Person für eine friedliche Lösung der Probleme in der Region spielt“, begründet Katz.

Am 18. Juni wird es um 18 Uhr ein Treffen bei NAV-DEM (Königsworther Straße 2, 3. Stock) geben, um weitere Möglichkeiten einer Kooperation von Hannover aus auszuloten. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen.

Das nächste Café Rojava wird am 5. Juli von der Kampagne Halim Dener gestaltet. Der Ort wird noch bekannt gegeben. Am 6. Juli wird in Hannover eine bundesweite Demonstration zum gewaltsamen Tod von Halim Dener vor 25 Jahren stattfinden.