Fall Amad Ahmad: Polizei wusste wochenlang von Verwechslung

Amad Ahmad aus Efrîn saß über zwei Monate unschuldig in der JVA Kleve, wo er im September 2018 bei einem Brand starb. Wie der WDR berichtet, wusste die Polizei Wochen vor seinem Tod, dass er nicht der Gesuchte war, mit dem er angeblich verwechselt wurde.

Am 29. September 2018 starb Amad Ahmad aus Nordsyrien an den Folgen eines Brandes in einer Zelle in der Justizvollzugsanstalt Kleve. Er war zu Unrecht inhaftiert, weil die Polizei ihn mit einem Mann aus Mali verwechselt haben will, den die Staatsanwaltschaft Hamburg zur Fahndung ausgeschrieben hatte. Am 6. Juli 2018 wurde der Flüchtling aus Efrîn nach einer angeblichen Belästigung an einem Baggersee in Geldern festgenommen. Inhaftiert wurde er aber unter anderem wegen Diebstahlsdelikten, die jedoch der Mann aus Mali begangen hatte.

Bereits kurz nach Bekanntwerden des Todes verstrickten sich die Behörden in Widersprüche, was die Haft- und Brandumstände anbelangten. Durch Recherchen von „Monitor“ und „Westpol“ wurde schließlich bekannt, dass die Datensätze, die zur Verhaftung von Amad Ahmad führten, nachträglich manipuliert wurden. Nun berichtet der WDR, dass der Staatsanwaltschaft in Braunschweig bereits drei Wochen nach der Verhaftung des 26-Jährigen die Verwechslung aufgefallen war. Das gehe aus einem Dokument hervor, das dem Magazin Westpol vorliege. Die Staatsanwältin habe demnach sogar extra mit einem Beamten der Polizei Kleve telefoniert. Und danach festgestellt, dass beide Personen anhand der Fotos „nicht identisch“ seien. Dies habe die Staatsanwältin sogar extra unterstrichen.

Oliver Kehrl, der als Obmann für die CDU im parlamentarischen Untersuchungsausschuss sitzt, äußerte laut dem WDR: „Hier könnte etwas sein, dass wir bisher nicht wussten. Und deswegen werden wir die Zeugen befragen“. Eigentlich hatte die CDU den Ausschuss bereits einstellen wollen.

Die neuen Erkenntnisse kämen für die Abgeordneten überraschend, heißt es weiter. Denn bereits Ende November wurde der Kripo-Beamte aus Kleve befragt. Das Telefonat mit der Staatsanwältin habe er allerdings mit keinem Wort erwähnt. Stefan Engstfeld von den Grünen sagte demnach, er sei sprachlos und verstehe nicht, warum daraus keine Handlung entstanden sei. Stattdessen saß Amad Ahmad weitere sechs Wochen in der JVA-Kleve, bevor er nach dem Zellenbrand starb. Die SPD hätte mittlerweile den Generalstaatsanwalt in Düsseldorf informiert. Sie erwarte, dass in der Sache auch strafrechtlich ermittelt werde.

Ermittlungen im November 2019 eingestellt

Die Staatsanwaltschaft Kleve hatte im Fall um den Tod von Amad Ahmad gegen mehrere Polizisten wegen des Verdachts der Freiheitsberaubung ermittelt. Dabei wurde zwar eine Kette von Fehlern gefunden, die Behörden konnten oder wollten jedoch keine vorsätzliches Fehlverhalten feststellen. Im vergangenen November wurden diese Ermittlungen eingestellt.