Erdoğan bezeichnet EGMR als „Glashaus“
Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan hat sich erneut zum EGMR-Urteil über die Unrechtmäßigkeit der Untersuchungshaft von Selahattin Demirtaş geäußert. Der EGMR sei ein Glashaus, erklärte Erdoğan.
Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan hat sich erneut zum EGMR-Urteil über die Unrechtmäßigkeit der Untersuchungshaft von Selahattin Demirtaş geäußert. Der EGMR sei ein Glashaus, erklärte Erdoğan.
Auf einer Versammlung mit Ortsvorstehern hat sich der türkische Präsident Erdoğan erneut zum Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) im Fall des kurdischen Politikers Selahattin Demirtaş geäußert. Bereits gestern hatte Erdoğan erklärt, das Urteil sei nicht bindend. Heute benutzte er nicht nachvollziehbare Ausdrücke für den Menschenrechtsgerichtshof, der gestern die Untersuchungshaft des ehemaligen HDP-Vorsitzenden für unrechtmäßig erklärt hatte.
Aus der Ansprache Erdoğans ging nicht hervor, ob er keine Kenntnis von der Funktionsweise des EGMR hat oder ob er bewusst die Tatsachen verdrehte. Sein eigenes Regime bezeichnete er als eine „wirksame Demokratie“, wie sie nur wenige Länder der Welt vorzuweisen hätten.
Zum europäischen Menschenrechtsgericht erklärte er: „Der EGMR hat gestern ein Urteil gegen unser Land verkündet. Um was ging es dabei? In einem Prozess gegen den ehemaligen Vorsitzenden einer Partei, die mit der Terrororganisation PKK in Verbindung steht, soll die Türkei das Recht auf Freiheit, Sicherheit und Wahlen verletzt haben. Wenn Sie heute in irgendeine Stadt in Europa gehen, dort bewegen sich die Anhänger der Terrororganisation völlig gelassen, unseren Staatsbürgern hingegen, die ihr Land und ihre Nation lieben, wird keine Luft zum Atmen gelassen. Wo bist du, EGMR? Siehst du diese Dinge? Hast du dazu auch ein Urteil gefällt?“
Erdoğan überging damit die Tatsache, dass der EGMR keine Strafverfolgung betreibt, sondern Klagen bearbeitet. Wem von seinen Anhängern in Europa keine Luft zum Atmen gelassen wird, klärte er auch nicht auf. Erdoğan, seine Anhänger und sein Geheimdienst können in Europa ungesühnt Morde begehen, wie der Mord an drei kurdischen Revolutionärinnen 2013 in Paris bewiesen hat. Oppositionelle werden verschleppt, es werden Anschlagspläne gemacht und Erdoğan verfügt über einer breitflächiges Agentennetz in Europa. Wer in Europa in Opposition zum Erdoğan-Regime steht, kann auch hier der Kriminalisierungspolitik zum Opfer fallen.
In seiner Ansprache bezeichnete der türkische Staatschef Europa und europäische Institutionen als „Terror-verliebt“ und erklärte: „Wir sagen, ihr könnt in euren eigenen Glashäusern so viele Urteile fällen, wie ihr wollt.“ Was er mit „Glashaus“ meint, erklärte Erdoğan nicht.