Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschied, dass die Aberkennung der Immunität von 40 Abgeordneten der Demokratischen Partei der Völker (HDP) durch das AKP/MHP-Regime am 20. Mai 2016 rechtswidrig war. Damit ist auch die Inhaftierung der Abgeordneten hinfällig. Der EGMR verurteilt die Türkei zu Entschädigungszahlungen an die betroffenen Politikerinnen und Politiker.
Rechtsanwalt Mahsuni Karaman erklärt dazu via Twitter: „Der EGMR hat heute entschieden, dass die Meinungsfreiheit durch die Aufhebung der Immunität und den Prozess gegen 40 HDP-Abgeordnete am 20. Mai 2016 verletzt wurde.“ Er fordert die umgehende Freilassung der Gefangenen.
„Damit wurde der letzte Akt dieser Verbrechen gespielt“
Der Anwalt Ramazan Demir erklärt zum Urteil: „Der EGMR hat festgestellt, dass die Aufhebung der Immunität von 40 Abgeordneten eine Rechtsverletzung darstellt. Auf diese Weise wurde der letzte Akt der Verbrechen gegen die kurdische politische Bewegung, durch die auch die Verfassung ganz offen gebrochen wurde und an dem sich die Opposition eilfertig beteiligte, gespielt. Selahattin Demirtaş und seine Freund:innen, die nach der Entscheidung der großen Kammer des EGMR gar nicht in Haft sein dürften, befinden sich dennoch bereits seit fünf Jahren im Gefängnis. Die abgeschlossenen Verfahren, die wieder aufgenommen werden, müssen fallen gelassen und die inhaftierten Abgeordneten umgehend freigelassen werden.“
Ob dies passiert, bleibt fraglich. Selahattin Demirtaş befindet sich trotz bindender EGMR-Entscheidung seit über fünf Jahren in Haft. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm im Hauptverfahren unter anderem Gründung und Führung einer Terrororganisation, Terrorpropaganda und Volksverhetzung vor. Die Anklage baut auf 31 Ermittlungsberichten auf, die dem türkischen Parlament während seiner Zeit als Abgeordneter zur Aufhebung der Immunität vorgelegt worden waren.