Efrîn: „Vor meinen Augen wurden zwei Frauen vergewaltigt“

Ehmed Silêman wurde bei der türkischen Invasion in Efrîn gefangengenommen und gefoltert. Das schrecklichste Erlebnis war die Vergewaltigung von zwei Frauen, bei der er zusehen musste.

Ehmed Silêman wurde bei der türkischen Invasion im vergangenen Jahr in Efrîn von den Besatzungstruppen gefangengenommen. Gegenüber ANHA schilderte er seine Erlebnisse.

Der Vierzigjährige gehörte zu den kurdischen Sicherheitskräften des Stadtteils Şêxmeqsûd in Aleppo, als die türkischen Angriffe auf Efrîn begannen. Im Februar ging er mit einer Gruppe nach Efrîn, um sich am Widerstand zu beteiligen. „Ich konnte ja nicht zu Hause herumsitzen, während unser Land barbarisch angegriffen und besetzt wird“, erklärt er.

Silêman war zwei Wochen lang im Landkreis Cindirês, als die Angriffe immer heftiger wurden. Am 8. März wurde ein Teilrückzug beschlossen. Während eines Bombenangriffs verlor Silêman den Anschluss an seine Gruppe und wurde von türkischen Soldaten und islamistischen Söldnern gefangengenommen. „Sie verbanden mir die Augen und brachten mich an einen unbekannten Ort.“

Folter unter der Anleitung eines türkischen Offiziers

Nach seiner Gefangennahme konzentrierte sich Silêman nur noch darauf, keine Informationen preiszugeben. „Ich sagte, dass ich Zivilist bin. Dann begann die Folter. Sie wurde von einem Kommandanten der türkischen Armee angeleitet. Ein unter seinem Befehl stehender Dschihadist hielt mir ein Messer an den Hals und sagte: ‚Ich werde diesen Ungläubigen töten und dafür ins Paradies kommen.‘ Ich wurde gefragt, ob ich Moslem sei. Als ich bejahte, wurden mir Fragen zum Islam gestellt. Ich konnte auf alle antworten und sie damit überzeugen, dass ich kein ‚Ungläubiger‘ bin.“

Mit Benzin übergossen und angezündet

Die Folter wurde trotzdem noch schlimmer. „Ein türkischer Kommandant goss Benzin über mich und wollte von mir das Geständnis, dass ich mit den YPG zusammenarbeite. Ich leugnete beharrlich, daraufhin wurde ich in Brand gesetzt.“ Um noch ein Geständnis aus ihm herauszupressen, wurde das Feuer rechtzeitig gelöscht. Silêman erlitt schwere Brandwunden, aber er überlebte. Dann wurde ein Hund auf ihn gehetzt. Die Dschihadisten schrien dabei: „Gib zu, dass du mit den YPG zusammenarbeitest!“

Vergewaltigung als Druckmittel

Silêman blieb bei seiner Aussage, dass er Zivilist sei. Daraufhin wurden zwei Frauen in den Raum gebracht, die wie er selbst von den Besatzungstruppen verschleppt worden waren. Die Folterer zeigten auf die Frauen und fragten: „Wirst du jetzt alles zugeben?“ Silêman antwortete, dass er alles gesagt habe, was er wisse. „Die türkischen Soldaten vergewaltigten die beiden Frauen vor meinen Augen. Ich wurde gezwungen, dabei zuzusehen. Diese Grausamkeit werde ich mein Leben lang nicht vergessen.“

Silêman wurde geschlagen, bis er aus den Ohren blutete. „Damit hörte die Folter noch nicht auf. Mir wurden elf Zähne gezogen. Danach wurde ich auf einem Feld ausgesetzt. Dort lag ich stundenlang und wartete auf den Tod. Nach einer Weile kam ein Fahrzeug und ich wurde ins Gefängnis in Rai gebracht.“

Den Besatzern steht eine dunkle Zukunft bevor

Am 10. Juni 2018 wurde Silêman freigelassen. Trotz der Folter war er nicht von seiner ersten Aussage abgerückt. „Ich hatte mich entschieden, Widerstand zu leisten, und es ist mir gelungen. Ich werde jedoch niemals vergessen, was den beiden Frauen angetan wurde.“

Aus Efrîn kehrte Silêman nach Aleppo zurück, wo er lange Zeit in ärztlicher Behandlung war. Jetzt arbeitet er wieder bei den Sicherheitskräften. „Der Kampf für die Befreiung Efrîns geht weiter. Ich bin jederzeit dazu bereit. Den Dschihadisten steht eine dunkle Zukunft bevor.“