Die Kommunalaufsicht des türkischen Innenministeriums hat ein Disziplinarverfahren gegen den kurdischen Politiker Ahmet Türk eingeleitet. Der 73-jährige Ahmet Türk ist gewählter Oberbürgermeister der HDP-geführten Großstadt Mêrdîn (Mardin). Vor zweieinhalb Wochen wurde er wegen angeblichen „Terrorverbindungen“ auf Betreiben der AKP-Regierung abgesetzt und durch einen Zwangsverwalter ersetzt. In dem Disziplinarverfahren, das vier Tage vor Türks Amtsenthebung am 19. August abgesegnet wurde, wird dem Politiker im Zusammenhang mit dem System der genderparitätischen Doppelspitze bei der HDP, wonach jeweils ein Mann und eine Frau das Bürgermeisteramt gemeinsam ausüben, vorgeworfen, sich wegen Amtsdelikten strafbar gemacht zu haben. Laut der Behörde habe Türk mit Necla Figen Altındağ, der Ko-Oberbürgermeisterin von Mêrdin, eine unbefugte Person in eine offizielle Position gebracht, die somit die Möglichkeit hätte, das Bürgermeisteramt zu missbrauchen. Sollte Ahmet Türk sich zu den Vorwürfen innerhalb von sieben Tagen nicht äußern, werde dies als Aussageverweigerung gewertet, heißt es in dem Schreiben.
Prinzip der Doppelspitze ist legitim
Necla Figen Altındağ verurteilte das Disziplinarverfahren gegen Türk auf das Schärfste. Es sei ohnehin inakzeptabel, das Prinzip der Doppelspitze für die Ernennung von staatlichen Treuhändern heranzuziehen, sagte die Politikerin in einem Interview. „Das System der genderparitätischen Doppelspitze wurde im Parlament mit den Stimmen der AKP durchgesetzt“, betonte Altındağ. Bisher habe es lediglich die HDP funktionsfähig gemacht. „Die Regierung versucht, den Kampf von Frauen zurückzudrängen und ignoriert rigoros die Rolle der Frau“, kritisierte die Politikerin.