Seit 1996 kämpft der Rat der Friedensmütter unter dem Motto „Wir sind Mütter, wir wollen Frieden“ gegen verschiedene Regierungen in der Türkei und im besetzten Nordkurdistan. Heute richtet sich dieser Kampf gegen die Kriegs- und Vernichtungspolitik des AKP/MHP-Regimes. Sie sind an ihren weißen Kopftüchern erkennbar. Der Friedensprotest bleibt nicht unbeachtet, und während die Friedensmütter in Verhandlungsprozessen und politischen Kämpfen immer wieder eine entscheidende Rolle gespielt haben, sind sie auch direkt Ziel staatlicher Repression. Dies wurde erneut durch Razzien und Festnahmen von Friedensmüttern durch die türkische Polizei am 15. August in Colemêrg (tr. Hakkari) deutlich. Die Nachrichtenagentur Mezopotamya führte Gespräche mit Mitgliedern des Rats der Friedensmütter von Êlih (Batman), in denen die Frauen ihre Entschlossenheit bekundeten, jeder Form von Repression zu trotzen und den Kampf fortzusetzen.
„Die Mütter im Visier des Regimes“
Die Friedensmutter Şükran Akkurt verurteilte insbesondere Hausdurchsuchungen und Festnahmen von älteren Friedensmüttern mit Gesundheitsproblemen und äußerte sich deutlich: „Diese Mütter, die keinen Krieg wollen, die fordern, dass kein Blut mehr vergossen werden soll, werden von der Regierung angegriffen. Unsere Natur, die Gefangenen und unsere Kinder werden angegriffen. Unsere Wälder werden verbrannt, und denen, die seit über 30 Jahren im Gefängnis sind, wird die Freilassung verwehrt, stattdessen sollen sie zur Reue gezwungen werden.“
„Sie handeln aus Angst heraus“
Akkurt erklärte, dass die wachsende Aggressivität der Regierung aus Angst resultiere: „Wenn das Regime keine Angst hätte, würden man ältere Menschen, die nicht mehr laufen können, nicht festnehmen. Das ist ein Ausdruck von Skrupellosigkeit und Feigheit. Es fürchtet nun schon unsere Bäume und die Alten. Das Ende des Regimes ist gekommen. Es besitzt keine ökonomische oder sonstige Kraft mehr. Daher greift es so rücksichtslos an. Jede Woche werden die Samstagsmütter auf skrupellose Weise attackiert. Die Mütter wollen dort ihre Forderungen zum Ausdruck bringen, doch es werden Tausende Polizisten zusammengezogen.“
Die Initiative der Samstagsmütter protestiert seit 1995 wöchentlich mit Unterbrechungen für die Aufklärung Tausender „Verschwundener“ in Haft. Besonders in den 90er Jahren wurden Tausende, vor allem Kurd:innen, von staatlichen und paramilitärischen Einheiten festgenommen und verschwanden für immer. Immer wieder treten ihre Knochen bei Bauarbeiten in Polizeistationen, Säurebrunnen oder Massengräbern zutage. Das Regime unternimmt nichts zur Aufklärung des Schicksals der Verschwundenen, stattdessen kriminalisiert es die Angehörigen und alle, die wöchentlich auf dem Galatasaray-Platz in Istanbul Informationen über die „Verschwundenen“ fordern.
„Jeder muss sich gegen den Krieg stellen“
Die Friedensmutter Sultan Azboy sprach über die Repression gegen die Friedensmütter und erklärte: „Die Mütter fordern Frieden und ein Ende der Operationen. Dafür setzen sie sich ein. Ich rufe alle Mütter auf: Alle, die sich Mutter nennen und ein schmerzendes Herz haben, sollten auf der Straße Widerstand leisten. Genug ist genug, lasst uns dieser Gewissenlosigkeit ein Ende setzen. Alle sollten sich gegen die Kriegspolitik der Regierung stellen.“
„Unser Land wird bombardiert“
Azboy kritisiert das Schweigen angesichts der wöchentlichen Angriffe auf die Samstagsmütter und sagt: „Sie greifen unsere Kinder, unsere Mütter, die Natur, die Tiere an – mit anderen Worten, alles, was dem kurdischen Volk Leben einhaucht. Unser Land wird tagtäglich bombardiert. Der Kampf kann nicht gewonnen werden, indem man zu Hause sitzt und weint. Es liegt in der Verantwortung eines jeden Einzelnen, zu kämpfen. Es muss ein umfassendes Netzwerk des Widerstands aufgebaut werden. Andernfalls wird diese Verfolgung nicht enden, sondern noch weiter zunehmen.“
„Alle, die Frieden wollen, sind bedroht“
Die Friedensmutter Kamila Şimşek warnt in diesem Zusammenhang, dass Schweigen das Regime in seinem Handeln bestärkt: „Wir rufen nach Frieden, Frieden, Frieden. Doch niemand hört uns. Es gibt Festnahmen und Inhaftierungen. Unsere Berge werden bombardiert. In den Gefängnissen wird weiterhin gefoltert. Seit langem gibt es keine Nachricht von Herrn Öcalan. Das sind Gründe für Widerstand. Die Haltung des Staates zum Frieden ist klar. Er will definitiv keinen ehrenhaften Frieden. Diejenigen, die einen würdigen Frieden fordern, geraten immer wieder ins Visier – dagegen müssen wir kämpfen.“