Parallel zu der Großdemonstration in Paris sind auch in Hamburg und Marseille Tausende Menschen im Gedenken an die vor zehn Jahren vom türkischen Geheimdienst ermordeten kurdischen Revolutionärinnen Sakine Cansız (Sara), Fidan Doğan (Rojbîn) und Leyla Şaylemez (Ronahî) auf die Straßen gegangen und die Aufklärung des als Staatsgeheimnis behandelten Attentats zu fordern. Gleichzeitig wurde gegen den Anschlag auf das Ahmet-Kaya-Kulturzentrum in Paris protestiert, bei dem am 23. Dezember 2022 Emine Kara (Evîn Goyî), Mîr Perwer und Abdurrahman Kızıl erschossen wurden.
Hamburg: Frankreich muss diese Massaker aufklären!
Die Demonstration in Hamburg startete am Hauptbahnhof und endete in der Nähe des türkischen Konsulats am Dammtor. An der vom Frauenrat Rojbîn organisierten Demonstration nahmen Kurd:innen und solidarische Menschen aus Kiel, Bremen, Lübeck, Stade und Oldenburg sowie Hamburg teil. Nach einer Schweigeminute zum Gedenken an die Pariser Gefallenen auf dem Hachmannplatz wies die Autorin Anja Flach darauf hin, dass Emine Kara gezielt ermordet wurde, während sie die Demonstration für die Ermordeten von 2013 organisierte. Während der Demonstration wurden Parolen wie „Sara Rojbîn Ronahî, Jin Jiyan Azadî“ und „Faschist Erdogan“ gerufen.
Selma Irmak, ehemalige Abgeordnete der Demokratischen Partei der Völker (HDP), forderte auf der Abschlusskundgebung die Aufklärung beider Pariser Anschläge und die Bestrafung der Hintermänner. Das sei Frankreich den Kurdinnen und Kurden schuldig: „Dieses Volk wird niemals gegenüber Massakern und Unterdrückung einknicken. Frankreich muss die dunklen Mächte hinter diesen Massakern aufdecken. Keine Macht wird unseren Kampf verhindern können.“
Marseille: Staatsgeheimnis aufheben, zehn Jahre Straffreiheit beenden!
In Marseille versammelten sich Tausende Menschen im Gedenken an die Gefallenen von Paris und forderten die Aufhebung des seit nunmehr zehn Jahren gewahrten Staatsgeheimnis hinsichtlich des politischen Attentats vom 9. Januar 2013. Alle von Frankreich unter Verschluss gehaltenen Dokumente müssten freigegeben werden, um eine juristische Aufarbeitung des vom türkischen Geheimdienst verübten Dreifachmordes zu ermöglichen, hieß es in einer auf der Demonstration vorgetragenen Erklärung. Das Verfahren war 2016 nach dem mysteriösen Tod des Auftragsmörders Ömer Güney in französischer Haft kurz vor Prozessbeginn eingestellt worden. Eine auf Betreiben der Angehörigen angestrengte Wiederaufnahme der Ermittlungen wird auf politischen Druck blockiert.
Eine Vertreterin der Kurdischen Frauenbewegung in Europa (TJK-E) forderte außerdem, dass der Anschlag vom 23. Dezember 2022 als terroristischer Angriff behandelt wird. Wichtig sei zu klären, mit wem der Attentäter im Gefängnis und nach seiner Entlassung Kontakt hatte. Zudem müsse das Recht der in Frankreich lebenden Kurdinnen und Kurden auf soziale, politische und diplomatische Organisierung geschützt werden.