Die DBP (Partei der demokratischen Regionen) hat sich auf einer Pressekonferenz in Amed (tr. Diyarbakir) zu der bevorstehenden Aufhebung der parlamentarischen Immunität ihrer Ko-Vorsitzenden Saliha Aydeniz geäußert. Die stellvertretende Parteivorsitzende Gülşen Sincar wies auf der Pressekonferenz in der DBP-Zentrale darauf hin, dass die Verfahren zur Immunitätsaufhebung sich mit großer Mehrheit gegen Abgeordnete der HDP (Demokratische Partei der Völker) richten. So seien von über 1600 im Parlament eingebrachten Ermittlungsberichten 1300 gegen HDP-Abgeordnete erstellt worden. Allein gegen Saliha Aydeniz sind 78 Ermittlungsberichte eingegangen. Der parlamentarische Ausschuss, der am Mittwoch für die Aufhebung der Immunität stimmte, habe die von der Aydeniz eingebrachten Beweismittel, darunter eindeutige Videoaufnahmen, nicht berücksichtigt. „Am 18. Juli wird der Gemischte Ausschuss eine Entscheidung treffen, danach kommt der Fall vor die Generalversammlung“, erläuterte Sincar und verwies auf die Verhaftung der DEP-Abgeordneten Anfang der 1990er Jahre und die Aufhebungsverfahren gegen die kurdischen Abgeordneten Leyla Güven, Musa Farisoğulları und Semra Güzel in der jüngeren Zeit.
Die DBP werde ihre politische Arbeit trotzdem unbeirrt fortsetzen, erklärte Gülşen Sincar: „Wir wissen, dass diese Entscheidung keine juristische Grundlage hat, sondern politisch ist. Unser Kampf soll kriminalisiert werden, um uns den Boden für unsere politische Arbeit zu entziehen. Als demokratische Politikerinnen und Politiker aus revolutionären Zusammenhängen und als Frauen werden wir unser Kampf fortsetzen. Wir sind im Recht und das gibt uns die notwendige Kraft.“
Parallel zu der Pressekonferenz in Amed fand in Wan eine Kundgebung statt, auf der sich vor allem Frauen mit Saliha Aydeniz solidarisierten und sie ihre als legitime Vertreterin bezeichneten.
Hintergrund des Verfahrens
Hintergrund des Verfahrens ist die Teilnahme von Saliha Aydeniz an der Demonstration „Sternmarsch nach Gemlik“ für die Aufhebung der Isolation von Abdullah Öcalan in Istanbul. Die Generalstaatsanwaltschaft Ankara wirft der 49-Jährigen vor, bei der Veranstaltung im Juni „Widerstand gegen die Staatsgewalt“ geleistet und gegen das türkische Versammlungsgesetz verstoßen zu haben. Die Abgeordnete sieht in der Anklagedrohung ein gezieltes Vorgehen gegen ihre Partei sowie die HDP und bezeichnete den Vorgang als „staatlich orchestrierte Kriminalisierungskampagne“, um eine mögliche Auflösung vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen zu rechtfertigen.
Wer ist Saliha Aydeniz?
Saliha Aydeniz, geboren 1973 in Erxenî (tr. Ergani) in der Provinz Amed, ist eine kurdische Politikerin und Aktivistin der Frauenbewegung TJA. Sie ist gelernte Krankenschwester und wurde 2018 zur Abgeordneten der HDP in das Parlament der Türkei gewählt. Im Dezember 2019 wechselte sie zur DBP und wurde deren Ko-Vorsitzende. Die DBP ist eine der Mitgliedsparteien der HDP und ist vor allem in den kurdischen Provinzen in der Türkei aktiv.