Die grenzüberschreitende Militärinvasion der türkischen Armee in Südkurdistan findet im internationalen Einverständnis statt. Die Antwort von Staatsminister Michael Roth auf eine Frage der Abgeordneten Gökay Akbulut (DIE LINKE) lässt darauf schließen, dass auch die deutsche Bundesregierung vor Beginn der Operation am 23. April informiert gewesen ist.
Akbulut wollte in der heutigen Fragestunde im Bundestag wissen, inwieweit die Bundesregierung die neueste militärische Invasion, unter anderem mit Verwendung von chemischen Waffen, durch die Türkei im Nordirak als Verstoß gegen das Völkerrecht ansieht. Dabei verwies sie auf eine Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages von Juli 2020, in der bezweifelt wurde, dass die türkischen Operationen gegen Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) im Nordirak mit dem Völkerrecht vereinbar sind. Gegenwärtig lasse sich kein bewaffneter Angriff seitens der PKK und damit auch keine Selbstverteidigungslage für die Türkei erkennen, die den Verstoß gegen das Gewaltverbot gegenüber dem Irak rechtfertigen könnte, hieß es in dem Bericht vor knapp einem Jahr.
Akbulut fragte außerdem, welche Erkenntnisse, insbesondere durch Gespräche mit Vertretern des türkischen Staates, die Bundesregierung über diese militärische Invasion habe. Die Antwort von Staatsminister Roth beinhaltet die üblichen Textbausteine. Bei der völkerrechtlichen Bewertung duckt sich die Bundesregierung weg.
Staatsminister Roth: „Keine ausreichenden Erkenntnisse“
Laut der Antwort liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse über einen angeblichen Einsatz chemischer Waffen in der laufenden türkischen Militäroperation in Nordirak vor. Weiter teilt Roth im Namen der Bundesregierung zu der Abgeordnetenfrage mit: „Nach Angaben des türkischen Verteidigungsministeriums führen die türkischen Streitkräfte seit dem 23. April zwei Militäroperationen gegen Stellungen der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) in Nordirak durch. Im Rahmen dieser Operationen sollen sowohl Luftstreitkräfte als auch Bodentruppen zum Einsatz kommen. Die Türkei beruft sich, wie auch bei früheren Militäroperationen gegen die PKK in Nordirak, auf das Selbstverteidigungsrecht nach Artikel 51 der Charta der Vereinten Nationen sowie auf Resolutionen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Irak wiederum moniert die Verletzung seiner territorialen Integrität durch die türkischen Operationen.“
Auch in der EU sei die PKK als Terrororganisation gelistet und der Bundesregierung lägen „keine ausreichenden Erkenntnisse vor, um eine völkerrechtliche Einordnung der aktuellen türkischen Militäroperationen vornehmen zu können. Die Lage in Nordirak ist regelmäßig Gegenstand von Gesprächen der Bundesregierung mit allen beteiligten Akteuren, auch mit der Türkei. Dabei mahnt die Bundesregierung Respekt für Souveränität, Zurückhaltung, Achtung des humanitären Völkerrechts sowie die Wahrung nationaler Sicherheitsinteressen auf politischem Weg an.“