Bundesregierung „besorgt“ über Absetzung kurdischer Bürgermeister

Die Bundesregierung hat „besorgt“ auf die Amtsenthebung dreier kurdischer Bürgermeister reagiert. Zwangsverwalter stellten eine ernste Gefahr für die kommunale Demokratie in der Türkei dar, heißt es in einem Schreiben an den Linkspolitiker Michel Brandt.

Die Bundesregierung hat „besorgt“ auf die Amtsenthebung dreier kurdischer Oberbürgermeister*innen in HDP-geführten Kommunalverwaltungen in der Türkei reagiert. In einem Antwortschreiben aus dem Auswärtigen Amt an den Bundestagsabgeordneten aus Karlsruhe und Obmann der Fraktion DIE LINKE im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe, Michel Brandt, erklärt das Ministerium, dass es die Ereignisse als ernste Gefahr für die kommunale Demokratie in der Türkei betrachte.

Vor knapp drei Wochen hatte die türkische Regierung die bei den Kommunalwahlen am 31. März demokratisch gewählten Oberbürgermeister*innen der Großstädte Wan (Van), Mêrdîn (Mardin) und Amed (Diyarbakir) abgesetzt und durch Zwangsverwalter ersetzt. Die Begründung geht auf eine altbekannte Strategie zurück: Den kurdischen Politiker*innen wird Terrorunterstützung unterstellt. Unter anderem werden sie beschuldigt, mit dem System der genderparitätischen Doppelspitze bei der HDP, wonach jeweils ein Mann und eine Frau das Bürgermeisteramt gemeinsam ausüben, auf Anordnung der Arbeiterpartei Kurdistans PKK eine nicht verfassungsmäßige politische Struktur eingeführt zu haben, die nicht mit den offiziellen politischen Regeln und Vorschriften zu vereinbaren sei.

Der Linkspolitiker Michel Brandt, der auch stellvertretendes Mitglied der parlamentarischen Versammlung des Europarats ist, hatte sich einen Tag nach der staatlichen Absetzung von Bedia Özgökçe Ertan, der Ko-Bürgermeisterin von Wan, sowie ihren Amtskollegen Ahmet Türk (Mêrdîn) und Adnan Selçuk Mızraklı (Amed) in einem Schreiben an Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) gewandt und gefordert, Protest bei den verantwortlichen Stellen der türkischen Regierung einzulegen. „Die Absetzung der Oberbürgermeister*innen ist ein eklatanter Verstoß gegen die von der Türkei 1993 unterzeichnete ‚Charta der Kommunalen Selbstverwaltung‘ des Europarats. Die türkische Regierung von AKP und MHP setzt so das Recht auf aus demokratischen Wahlen hervorgegangene Selbstverwaltung der Kommunen außer Kraft”, erklärte Brandt in dem Schreiben.

In der Antwort des Auswärtigen Amts, die ANF vorliegt, verweist das Ministerium auf eine Stellungnahme der EU zur Amtsenthebung der drei HDP-Politiker*innen. Darin heißt es, die Ersetzung der demokratisch gewählten Bürgermeister durch Gouverneure des Staates gebe Anlass zu ernster Sorge: „Die Ernennung von Treuhändern berauben die Wähler ihrer politischen Vertretung und gefährden die lokale Demokratie ernsthaft.” Die türkische Regierung habe zwar das legitime Recht, Terrorismus zu bekämpfen, sei jedoch auch dafür verantwortlich, dass dies im Einklang mit Rechtsstaatlichkeit, den Menschenrechten und demokratischen Grundprinzipien erfolge, und nicht aus politischen Gründen.

Die Bundesregierung habe die Türkei wiederholt aufgefordert, sich an die rechtsstaatlichen Standards zu halten, zu denen sie sich verpflichtet hat, so das Auswärtige Amt. Außerdem setze sich die Bundesregierung auch weiterhin für die Achtung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und demokratischen Grundprinzipien in der Türkei ein, heißt es weiter.