Bundesregierung beantwortet Frage zu IS-Rückkehrern

Die Fraktion der FDP erhielt Antwort auf ihre Kleine Anfrage zu IS-Rückkehrern. Demnach sind 1050 Dschihadisten seit 2010 aus Deutschland nach Syrien und in den Irak ausgereist.

Die Frage der IS-Rückkehrer*innen beschäftigt die Bundesregierung immer wieder. Aus außen- wie auch innenpolitischen Gründen hat sich die Bundesregierung bisher weitgehend um die Frage der Rückholung deutscher Staatsbürger, die in den Reihen des Islamischen Staats (IS) gekämpft haben, gedrückt. Erst auf juristischen Zwang hin veranlasste die Bundesregierung die Rückholung von vier Kindern von IS-Dschihadisten aus Nordsyrien. Die Scheu der Bundesregierung, Verantwortung für ihre Staatsbürger und deren Kinder zu übernehmen, resultiert aus mindestens zwei Komponenten. Einerseits möchte man alles tun, um den Anschein einer diplomatischen Anerkennung der Selbstverwaltung in Nord- und Ostsyrien durch administrative Kontakte zu vermeiden – sowohl aus Rücksichtnahme auf die Beziehungen zum Erdoğan-Regime als auch aus Ablehnung des radikaldemokratischen Selbstverwaltungsmodells heraus – andererseits möchte man sich innenpolitisch als Hardliner präsentieren und sich so gegenüber der AfD rechts profilieren. Die Antwort der Bundesregierung spiegelt ebenfalls dieses Spannungsfeld wider.

1050 Personen zu dschihadistischen Gruppen im Irak und Syrien ausgereist

Auf Anfrage der Fraktion der FDP legte die Bundesregierung detailliertes Zahlenmaterial zu ausgereisten Dschihadisten vor. So seien seit 2010 1050 Dschihadisten aus Deutschland in Richtung Syrien/Irak ausgereist, um sich dort dem IS, al-Qaida oder anderen dschihadistischen Fraktionen anzuschließen und an Kampfhandlungen teilzunehmen. Weiterhin erwähnt die Bundesregierung eine Ausreise zu den Taliban nach Pakistan im Jahr 2012 und einige Dutzend Ausreisen nach Somalia, um sich der Terrorgruppe al-Shabaab anzuschließen. Vereinzelt sei es auch zu Ausreisen zum IS auf die Philippinen gekommen.

480 Dschihadisten aus Deutschland im Moment im Kampfgebiet

Nach Angaben der Bundesregierung befinden sich im Moment 480 Dschihadisten aus Deutschland in Syrien und im Irak in den Kampfgebieten. Genaueres über den Aufenthaltsort dieser Personen ist der Bundesregierung nach eigenen Angaben nicht bekannt. Die Hälfte dieser aktuell ausgereisten Personen besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft, 36 von ihnen einen Doppelpass. Von ihnen befinden sich neun im Irak und 110 in Syrien, meist in Nordostsyrien in Haft oder werden anderweitig festgehalten. Es handelt sich dabei um 40 Männer und 79 Frauen. 89 von ihnen besitzen die deutsche Staatsbürgerschaft, 32 davon eine weitere.

165 Ermittlungsverfahren nach Terrorparagrafen

Es werden im Moment 165 Ermittlungs- beziehungsweise Strafverfahren nach den Paragraphen 129a, b, Mitgliedschaft oder Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland, gegen Personen im Irak und Syrien geführt. Hier führt die Bundesregierung nicht aus, ob sie sich dabei allein auf Dschihadisten oder auch auf Menschen, die gegen den IS kämpfen, bezieht. Der Generalbundesanwalt ermittelt gegen 38 in Syrien und acht im Irak inhaftierte aus Deutschland ausgereiste Personen wegen Unterstützung des IS und anderer dschihadistischer Gruppen.

220 ausgereiste Dschihadisten gestorben

Die Bundesregierung gibt darüber hinaus an, dass sie bei 220 der ausgereisten Dschihadisten davon ausgeht, dass sie im Irak oder in Syrien ums Leben gekommen sind.

Ein Drittel der Ausgereisten ist wieder zurückgekehrt

Über die Zahl der Rückkehrer gibt die Bundesregierung ebenfalls Auskunft, so soll etwa ein Drittel der ausgereisten Dschihadisten, also gut dreihundert, mittlerweile wieder zurückgekehrt sein.

Bundesregierung stuft Fragen nach QSD als geheim ein

Die FDP fragt nach Staaten oder Organisationen, welche die Gefängnisse im Irak und Syrien kontrollieren, in denen IS-Dschihadisten inhaftiert sind. Zumindest für Nordsyrien ist allgemein bekannte Tatsache, die auch Dutzende Journalist*innen, die Reportagen in den Gefängnissen gemacht haben, bestätigen können, dass die Gefängnisse, in denen die meisten IS-Dschihadisten aus Deutschland inhaftiert sind, von den Demokratischen Kräften Syriens (QSD) kontrolliert werden. Die Bundesregierung macht aus dieser Angelegenheit ein Geheimnis. Noch deutlicher wird der Punkt, als die Bundesregierung gefragt wird, ob das BKA Zugang zu gefangenen IS-Dschihadisten in Syrien und im Irak hat. Auch hier wird insbesondere in Bezug auf Syrien mit dem Staatswohl argumentiert und totgeschwiegen, dass selbstverständlich Vernehmungen von IS-Dschihadisten durch deutsche Behörden in der Region stattfinden und der Bundesnachrichtendienst BND in den Gefängnissen in Nordostsyrien ein- und ausgeht. Man will selbst diese geringen diplomatischen Berührungspunkte offensichtlich nicht benennen. Dies ist Teil ihrer Strategie, die Selbstverwaltung in Rojava und Nordostsyrien und ihre entscheidende Rolle im Kampf gegen den IS aus politischer Motivation heraus totzuschweigen und politisch zu isolieren.

BKA überprüft zurückgekehrte Anti-IS-Kämpfer*innen

Die Bundesregierung betont, das von Personen, die in den Irak oder nach Syrien ausgereist sind, um gegen den IS zu kämpfen und wieder zurückgekehrt sind, bislang keine Erkenntnisse über die Planung von „Gewaltaktionen“ vorliegen und auch bisher keine Anschläge von diesen verübt oder geplant worden seien. Dennoch verfolge das BKA die Reisebewegungen aus Deutschland genau. Es seien bislang im unteren dreistelligen Bereich Personen, die „zu kurdischen Milizen“ im Nordirak und Syrien ausgereist seien, festgestellt worden.