Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Demokratischen Partei der Völker (HDP), Meral Danış Beştaş, thematisierte am Donnerstag im türkischen Parlament den Tod des politischen Gefangenen Mehmet Sevinç. „Mehmet Sevinç war achtundzwanzig Jahren in der Vollzugsanstalt Manisa-Akhisar inhaftiert, er hat eine lange Geschichte, eine Lebensgeschichte, die kann ich hier nicht erzählen. Aber ich möchte seine Tochter Beriwan zitieren. Sie sagte der Presse: ‚Sie haben meinen Vater in eine Einzelzelle gesteckt und dort ermordet. Wir erhalten keine weiteren Informationen und wissen nicht, warum er gestorben ist und was ihm angetan wurde. Von seinem Tod haben wir nicht durch die behandelnden Ärzte erfahren, sondern von Soldaten.‘ Die kranken Gefangenen sterben einer nach dem anderen in Haft. Sie verlieren ihr Leben. Das heißt nichts anderes, als dass sie umgebracht werden, es handelt sich um Mord. Stoppen Sie sofort das Morden in den Gefängnissen“, fordert Beştaş.
Gefangene werden willkürlich in Haft gehalten
Ein weiterer Missstand in den Gefängnissen ist die durch ein Ermächtigungsgesetz installierte Willkürherrschaft der Vollzugskommissionen über die Entlassung von Gefangenen auch nach dem Ende ihrer Haftstrafe. Beştaş zitierte aus der Entscheidung der Vollzugskommission im Hochsicherheitsgefängnis von Bolu gegen die Freilassung des dort inhaftierten Erdal Tuncel und sagte: „Die Vollzugskommission hat seine Entlassung annulliert und vertagt. In der Begründung hieß es: ‚Du benutzt zu viel Strom und Wasser. Die Wahrscheinlichkeit, dass du weiter Straftaten begehen wirst, ist hoch. Du erleichterst nicht die Arbeit des Vollzugspersonals.‘ Außerdem wurde gesagt, es sei nicht klar, was seine Pläne nach dem Gefängnis seien. Er wollte an Kursen teilnehmen, aber das wurde verhindert und er konnte an ihnen nicht teilnehmen ... Das sind die absurden Gründe, wegen denen seine Entlassung verweigert wurde. Er hat nicht einmal eine Disziplinarstrafe.“ Beştaş warf den Vollzugskommissionen Freiheitsberaubung vor und erklärte: „Dieses Verbrechen muss sofort untersucht und diese Praxis gestoppt werden.“
Die Praxis betrifft vor allem politische Gefangene, die immer öfter dazu gezwungen werden sollen, für ihre „Straftaten“ Reue leisten zu müssen, um nach dem Ende ihrer Haftzeit freigelassen zu werden.
In Haft verstorbene Menschen
In den letzten Monaten stieg die Zahl der in Haft verstorbenen Gefangenen rapide an. Einige bekannt gewordene Fälle sind die Folgenden:
Am 21. Januar 2022 starb Ramazan Turan, ein 70-jähriger kranker Häftling, in der einzigen Quarantänezelle, in der er 22 Tage lang im Hochsicherheitsgefängnis von Van festgehalten worden war. Es wird behauptet, dass Ramazan Turan an einem Herzinfarkt starb. Die Autopsie wurde ohne die Anwesenheit der Anwälte seiner Familie durchgeführt.
Am 31. Januar 2022 verlor Mehmet Hanefi Bilgin (58), der seit 30 Jahren hinter Gittern saß, im Bolu-Gefängnis Typ F sein Leben. Die Gefängnisverwaltung rief seine Familie an und teilte ihr mit, dass Bilgin einen Herzinfarkt erlitten hatte. Er hatte bereits vor drei Jahren einen Herzinfarkt erlitten. Bilgin hätte am 27. Juni entlassen werden sollen.
Am 2. Februar 2022 starb der kranke Häftling Turgay Deniz, der an schwerer Tuberkulose litt, kurz nach seiner Entlassung. Deniz war seit zwölf Jahren auf ein Atemhilfegerät angewiesen, da seine linke Lunge nicht mehr richtig funktionierte und er außerdem Läsionen auf seiner rechten Lunge hatte. Trotz seines schweren Gesundheitszustands wurde er im Gefängnis behalten. Er wurde operiert, aber sein Gesundheitszustand verschlechterte sich weiter. Erst dann wurde Deniz zur Behandlung aus dem Gefängnis entlassen.
Am 10. März 2022 kam Bedri Çakmak, der 2021 nach Intervention von Menschenrechtsorganisationen freigelassen worden war, ums Leben. Çakmak erkrankte an Magenkrebs, als er im geschlossenen Gefängnis des Typs D in Diyarbakır inhaftiert war, wurde aber erst entlassen, als sich sein Krebs im Endstadium befand und es für ihn zu spät war.
Zusätzlich zu diesen Gefangenen, die in diesem Jahr ihr Leben verloren, starben im Dezember 2021 fünf kranke Gefangene. Es handelt sich um folgende Gefangene:
Am 9. Dezember 2021 wurde Garibe Gezer, die im Hochsicherheitsgefängnis Kocaeli Nr. 1 Typ F inhaftiert war, tot in der Gummizelle aufgefunden, in der sie isoliert worden war. Die Gefängnisverwaltung behauptete, sie habe Selbstmord begangen. Bevor die Staatsanwaltschaft eine Untersuchung einleitete, verhängte sie eine Vertraulichkeitsanordnung über die Akte.
Am 15. Dezember 2021 nahm sich der 65-jährige Abdülrezzak Şuyur, der im İzmir Aliağa Şakran Typ T-Gefängnis inhaftiert war, in seiner Zelle das Leben, weil er trotz seiner fortgeschrittenen Krebserkrankung nicht entlassen worden war.
Am 15. Dezember 2021 kam Halil Güneş, der auf der Liste der schwerkranken Gefangenen des İHD stand, in seiner Zelle im Diyarbakır Nr. 2-Gefängnis ums Leben.
Am 17. Dezember 2021 wurde Ilyas Demir, der eine lebenslange Haftstrafe im Bolu-Gefängnis verbüßte, tot in seiner Zelle aufgefunden. Demir hatte unter psychischen Problemen gelitten.
Am 19. Dezember 2021 starb Vedat Erkmen, der im geschlossenen Hochsicherheitsgefängnis Tekirdağ Nr. 2 Typ F inhaftiert war, auf verdächtige Weise in seiner Zelle. Die Verwaltung teilte seiner Familie mit, dass er Selbstmord begangen habe.