Berliner Bezirksparlament verurteilt Angriffskrieg der Türkei

Das Berliner Bezirksparlament Friedrichshain-Kreuzberg hat mit großer Mehrheit eine Resolution zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei auf Nordsyrien beschlossen. Begründet wurde der Beschluss mit der Sorge um die Partnerstadt Dêrik.

Die Bezirksverordnetenversammlung von Friedrichshain-Kreuzberg hat am 29. Juni mit großer Mehrheit eine Resolution zum völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Türkei auf Nordsyrien beschlossen. Darin heißt es:

1. Die BVV verurteilt jegliche völkerrechtswidrige Kriegshandlung, besonders gegen Zivilist:innen.

2. Dem folgend verurteilt die BVV - insbesondere im Hinblick auf die in Friedrichshain-Kreuzberg lebenden kurdischen, assyrischen, arabischen, aber auch regierungskritischen türkischen Mitbürger:innen - die Angriffe, die die Türkei seit dem 18.04.2022 auf von Kurd:innen bewohnte Gebiete im Nordirak und in Nordsyrien (Rojava) führt, solidarisiert sich mit den Opfern und fordert die türkische Regierung dazu auf, jegliche Angriffe auf den Nordirak und Nordsyrien einzustellen.

3. Die BVV bezieht sich auf die Schlussfolgerungen der Ausarbeitung der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages vom 17.05.2022 „Völkerrechtliche Implikationen der türkischen Militäroffensive ‚Claw-Lock‘ gegen kurdische PKK-Stellungen im Nordirak”.

Begründet wurde die Resolution mit der Sorge um die Partnerstadt Dêrik in Nordostsyrien, die von den Invasionsplänen, eine sogenannte 30 Kilometer breite „Sicherheitszone“ entlang der türkisch-syrischen Grenze zu schaffen, direkt betroffen wäre. In Friedrichshain-Kreuzberg hätten nach der völkerrechtswidrigen Besetzung von Efrîn 2018 und Serêkaniyê sowie Girê Spî 2019 viele überwiegend kurdische Geflüchtete eine neue Heimat gefunden. „Sie fürchten wieder um ihre Familien in der bekriegten Heimat, viele mussten bereits um getötete Verwandte trauern.“

Die Bezirksverordnete der Partei DIE LINKE, Elke Dangeleit, die die Resolution einbrachte, wies in ihrer Rede auf die andauernden Drohnenangriffe auf das Gebiet der Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien hin. Immer wieder treffe es auch Zivilist:innen und Repräsentant:innen der Selbstverwaltung, die aus Dêrik und Umgebung stammen. Alle Bevölkerungs- und Religionsgruppen seien von den türkischen Angriffen betroffen: Kurd:innen, Araber:innen, Armenier:innen, Tscherkess:innen, sowie Muslim:innen, Christ:innen und Ezid:innen. Dangeleit berichtete, dass aktuell das Newroz-Camp bei Dêrik erweitert werde, um neue Binnengeflüchtete aus der akut bedrohten Şehba-Region aufnehmen zu können. Der Ko-Bürgermeister von Dêrik berichtete, es seien schon über 1000 Menschen aus Manbidsch und Tel Rifat in Dêrik angekommen.

Zuvor hatte der Rat der Stadt Krefeld mit den Stimmen von Grünen, LINKE, SPD und FDP eine ähnlich lautende Resolution verabschiedet, deren Wortlaut der Berliner Bezirk im Wesentlichen übernommen hat. Die Bezirksverordnete bat die demokratischen Parteien, dem Beispiel Krefelds zu folgen und eine fraktionsübergreifende Resolution zu verabschieden. Die FDP enthielt sich jedoch und die CDU stimmte dagegen. Der wesentliche Einwand war, dass der Bezirk mit Außenpolitik nichts zu tun habe, sondern sich nur um kommunale Belange kümmere. Dangeleit entgegnete, der Bezirk sei sehr wohl mit der Außenpolitik konfrontiert, das zeige der Ukraine-Krieg, der dem Bezirk viele ukrainische Geflüchtete beschert habe. Ein Angriff der Türkei auf Nordsyrien verursache automatisch eine neue Flüchtlingswelle von Millionen, von denen sich Teile auf die lebensgefährliche Flucht nach Europa begeben würden. Zudem verpflichte eine Städtepartnerschaft auch zur Solidarität mit der Bevölkerung der Partnerstadt. Insofern sei Kommunalpolitik auch Außenpolitik.