„Unsere Demokratie Faschisten überreichen?“
Wer am Donnerstag am Paul-Löbe-Haus ganz in der Nähe des Reichstagsgebäudes vorbei kam, erlebte eine Überraschung. Das „Kunstkollektiv für Demokratie“ hat sich am Vormittag vom Dach des traditionsreichen Gebäudes abgeseilt und ihre künstlerische Kritik in besonderer Form persönlich der CDU übergeben: Drei Aktivist:innen brachten ein mehr als 30 Quadratmeter großes Banner mit der Frage „Unsere Demokratie Faschisten überreichen?“ an der Fassade an. Auf dem Banner ist abgebildet, wie CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz symbolisch den Schlüssel der Demokratie an AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel übergibt.
„Friedrich Merz hat in den letzten Jahren bewusst die Ideologie der AfD kopiert und den öffentlichen Diskurs damit populistisch aufgeblasen“, kritisierte Lino Krüger (24). „Rechtsextremisten Stück für Stück mehr Macht geben? Wir hoffen, Friedrich Merz lässt sich nicht von Franz von Papen inspirieren.“ Krügers Mitstreiterin Lima Koch ergänzte: „Wenn sich die CDU sowohl Ideologie und Tonfall als auch Gesetzesentwürfe von den Rechten diktieren lässt, ist das eine gefährliche Machtverschiebung. Die rassistische Schlammschlacht der letzten Wochen ist nicht nur eine bescheuerte Strategie gegen den Rechtsruck, sondern auch ein Taktieren auf Kosten unserer Grundwerte.“
„Merz' Pakt mit der AfD bricht mit einem grundlegenden Prinzip, das mehr als 75 Jahre lang im deutschen Bundestag verankert war“, erklärte Koch. Die Künstler:innen beziehen sich dabei auf den Tabubruch vom 29. Januar, als CDU-Chef Merz unter den demokratischen Parteien im Bundestag keine Mehrheit für einen nach Ansicht der Kollektivs rassistischen Antrag mit der Forderung nach Zurückweisungen an den Grenzen finden konnte und daraufhin auf Stimmen der AfD zurückgriff.
Das Banner der Aktivist:innen © Kunstkollektiv für Demokratie
Platzverweis und Anzeigen
Die Aktivist:innen wollten das Plakat bis zur Bundestagswahl am Sonntag am Paul-Löbe-Haus hängen lassen. Die Polizei war vor Ort, während das Banner angebracht wurde. Höhenretter rückten an, um es nach einigen Stunden wieder zu entfernen. Gegen die Aktivist:innen wurde ein Platzverweis ausgesprochen. Außerdem schrieb die Polizei Anzeigen wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und Verletzung der Bannmeile im Regierungsviertel.