Anwältin: Mord an Deniz Poyraz organisierte Tat

Der Mord an Deniz Poyraz im Zuge des Anschlags auf die HDP-Zentrale in Izmir war die Tat einer organisierten Gruppe. Zu diesem Ergebnis kommt der Rechtsbeistand der Hinterbliebenen nach einer Handydatenauswertung des Täters.

Der Mord an der Kurdin Deniz Poyraz bei dem Anschlag auf die HDP-Zentrale in Izmir im vergangenen Juni war die Tat einer organisierten Struktur. Zu diesem Ergebnis kommt jetzt der Rechtsbeistand der Angehörigen der 38-Jährigen nach einer Handydatenauswertung des Täters Onur Gencer, berichtet die kurdische Frauennachrichtenagentur JinNews. Laut Rechtsanwältin Türkan Aslan habe Gencer nicht allein gehandelt, sondern „im Rahmen der Strukturen einer Organisation“, die für die Planung des Anschlags verantwortlich sei. Genaue Angaben machte die Juristin nicht.

„Die Verhaftung des Täters keine 24 Stunden nach dem Attentat hat unmissverständlich die Befürchtung geweckt, dass die Ermittlungen nur oberflächlich durchgeführt werden und Beweise verschwinden könnten. Vor diesem Hintergrund erwarten wir von der zuständigen Staatsanwaltschaft, dass die Strafverfolgung entgegen dem gezeigten Desinteresse zu Beginn der Ermittlungen unter Berücksichtigung der Kriterien des EGMR durchgeführt und jeder Ansatz akribisch verfolgt wird, (…) damit alle Urheber und Helfer dieses blutigen Attentats ausfindig gemacht werden können“, äußerte Türkan Aslan gegenüber JinNews. Entsprechende Anträge sollen kommende Woche bei der Staatsanwaltschaft eingereicht werden, sobald die Gerichtsferien vorbei sind.

Bei Onur Gencer handelt es sich um einen offenkundigen Faschisten, der im Internet Fotos von sich aus Minbic und Aleppo in Nordsyrien gepostet hat.

Die HDP hatte bereits unmittelbar nach dem Anschlag am 17. Juni davon gesprochen, dass in dem Parteibüro in Izmir ein Massaker hätte verübt werden sollen. Denn an dem Tag sollte in dem Gebäude eine Vorstandssitzung mit etwa vierzig Personen stattfinden. Die Versammlung war nur kurzfristig verschoben worden. Eine auf Video festgehaltene Tatortbegehung unmittelbar nach dem Anschlag zeigte, dass nicht nur ein bis zwei gezielte Schüsse abgegeben wurden. Die Schäden in den Räumlichkeiten deuteten auf einen Dauerbeschuss hin, mit dem alle Anwesenden getötet werden sollten.

Die Parteizentrale wird rund um die Uhr von der Polizei überwacht, dennoch konnte Gencer schwerbewaffnet in das Gebäude gelangen. Nach der Bluttat veröffentlichte er via WhatsApp ein Foto der getöteten Deniz Poyraz mit dem Zusatz: „Leiche 1“. Dies deutet ebenfalls darauf hin, dass der Mörder eine größere Zielgruppe im Visier hatte. Auch seine Behandlung des Täters durch die Polizei, der bei seiner Festnahme am Tatort äußerst höflich von Beamten aus dem Gebäude herauseskortiert und mit „Bruder“ angesprochen wurde, spricht für eine organisierte Tat, in die offenbar auch Kräfte aus dem Sicherheitsapparat involviert sind.