Ankara: Polizeigewalt und Festnahmen bei Volkshäuser-Kundgebung

In Ankara ist eine Kundgebung der Bürgerorganisation „Halkevleri” von der Polizei gewaltsam aufgelöst worden. Es kam zu mehreren Festnahmen.

In der türkischen Hauptstadt Ankara ist am Samstag eine Kundgebung der Bürgerorganisation „Halkevleri” (deutsch: Volkshäuser) von der Polizei aufgelöst worden. Mehrere Aktivistinnen und Aktivisten wurden unter Anwendung massiver Gewalt festgenommen. Einige Demonstrierende wurden in den Würgegriff genommen. Die Polizei begründete den Übergriff mit einem Verstoß gegen die Corona-Auflagen.

Die Kundgebung der sozialistischen Bewegung stand unter dem Motto „Wir wollen sichere Arbeitsplätze und ein menschliches Leben“. Die Beteiligten hatten sich zunächst vor der Ziya Gökalp Caddesi im Regierungsviertel Çankaya versammelt, um mit einer kurzen Demonstration gegen einen umstrittenen Gesetzentwurf der AKP und ihrem Bündnispartner MHP zur Reform des türkischen Arbeitsrechtes zu protestieren. Die Opposition, Gewerkschaften und die Zivilgesellschaft laufen seit Monaten Sturm gegen die Pläne der Regierung, die ohnehin schon fehlende Rechtssicherheit und mangelnde Arbeitnehmerrechte in der Türkei noch weiter zu minimieren.

Festnahme eines Demonstranten | Foto: MA

Auf der Sakarya Caddesi sollte anschließend eine öffentliche Presseerklärung abgegeben werden, zu der es dann aber nicht mehr kam. Wie viele Demonstrant*innen in Gewahrsam genommen wurden, ist noch unklar. Anwesende Pressevertreter*innen wurden teilweise unter Androhung von Gewalt daran gehindert, die Geschehnisse zu dokumentieren.

Halkevleri/Volkshäuser

Die Volkshäuser – einst 1932 von Republiksgründer Atatürk gegründet, waren ein vom türkischen Staat gefördertes Bildungsprojekt mit dem Ziel, die Bildungssituation in Städten und der Peripherie zu verbessern und das Erlernen der modernen europäischen Kultur zu fördern. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich die Halkevleri jedoch zu einer linksalternativen Bürgerbewegung etabliert, die bekannt sind für ihr sozialistisches Selbstverständnis. Sie setzten sich für umfassende Rechte ein, darunter für freie Bildung, freie medizinische Behandlung und das Recht auf Obdach. Ein weiteres wichtiges Anliegen der Bewegung ist Wasser, das nicht als Ware behandelt, sondern Allgemeingut werden soll. Seit ihrem Engagement gegen den völkerrechtswidrigen Angriff auf Efrîn, der am 20. Januar 2018 begann und am 18. März 2018 in die Invasion der nordsyrischen Region mündete, ist die Bürgerorganisation verstärkt im Visier der Regierung. Ihre Mitglieder werden systematisch mit Repression überzogen.