„Am ausführenden Ende einer fragwürdigen Willkürpraxis“

Ein kurdischer Teilnehmer ist am Rande der Ostermarschkundgebung in Frankfurt festgenommen worden, mitgeführte Fahnen wurden beschlagnahmt. Sie wüssten, dass sie am ausführenden Ende einer fragwürdigen Willkürpraxis stünden, merkte ein Polizist an.

Am Rande der Ostermarschkundgebung auf dem Frankfurter Römerberg nahm die Polizei einen kurdischen Teilnehmer wegen angeblichen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz fest, welches das Zeigen verbotener Symbole und Fahnen unter Strafe stellt. Es ging dabei um Fahnen der kurdischen Selbstverteidigungseinheiten YPG und YPJ sowie der KJK (Gemeinschaft der Frauen Kurdistans) und rot-gelb-grüne Flaggen Fahnen. Es droht eine Strafanzeige, die mitgeführten Fahnen wurden beschlagnahmt. Der Hinweis auf ein Verwaltungsgerichtsurteil aus dem Jahr 2017, das die Fahnen für statthaft erklärte, beeindruckte die Polizei nicht. Sie wüssten, dass sie am ausführenden Ende einer fragwürdigen Willkürpraxis stünden, merkte einer der Beamten an.

Dieselben Fahnen wurden vor zwei Tagen auf einer ebenfalls in Frankfurt stattgefundenen Demonstration gegen die türkische Invasion in Südkurdistan (Nordirak) dutzendfach gezeigt und die Einsatzleitung der Polizei beanstandete keine einzige. Die gleichen Fahnen wurden übrigens am späten Montagnachmittag, also nur zwei Stunden nach der Ostermarschkundgebung, auf einer Spontandemonstration vom Römerberg auf die Zeil zugelassen. Dieselbe Einsatzleitung bewertete die Strafbarkeit der Fahnen innerhalb von Stunden offenkundig völlig unterschiedlich.

Verwaltungsgerichtsurteil von 2017

Keine der oben genannte Fahnen sind in Deutschland verboten, was 2017 vom Verwaltungsgericht Frankfurt am Main bestätigt wurde. Damals war es auf einer Kundgebung zum Internationalen Kobane-Tag ebenfalls zu Festnahmen und Anzeigen wegen des Verstoßes gegen das Vereinsgesetz gekommen. Die Betroffenen wendeten sich erfolgreich ans Verwaltungsgericht, welches ihnen in vollem Umfang Recht gab. Es führte aus, dass "Mit Urteil vom 22. August 2017 hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main nunmehr festgestellt, dass die angegriffene Auflage, soweit dort untersagt wurde, Flaggen, Kennzeichen, Embleme oder Symbole der Organisationen PYD, YPG und YPJ zu zeigen sowie in Redebeiträgen oder durch Sprechchöre in Wort, Schrift und/oder Bild oder in sonstiger Weise für diese zu werben, rechtswidrig ist."

Nach einem Urteil des OLG München aus dem Jahr 2020, in dem es um eine YPJ-Fahne ging, mussten alle entsprechenden Verfahren in Bayern beendet werden, denn „die YPJ sei weder als Teil, noch als Ersatzorganisation der PKK in Deutschland verboten" und nicht mit dieser Organisation gleichzusetzen. Es bestehe „keine Identität zwischen YPJ und PKK".